# taz.de -- Donald Trump in der „Bild“-Zeitung: Der Umgang mit viel heißer Luft
       
       > Mit seinem Interview landet der scheidende Herausgeber Kai Diekmann einen
       > Scoop. Doch er lässt sich für Trumps Inszenierung vereinnahmen.
       
 (IMG) Bild: Ein Möchtegern-Global-Player und ein Faszinosum treffen aufeinander
       
       Natürlich ist es ein Erfolg, dass Donald Trump der Bild-Zeitung sein erstes
       großes Interview in einem deutschen Medium gibt. Die beiden passen aber
       auch verdammt gut zusammen: das Kommunizieren in Parolen/Schlagzeilen, das
       markige Auftreten, die Lust an Show und Inszenierung.
       
       Kai Diekmann macht eine Art Homestory, besucht Trump in dessen
       Arbeitszimmer und breitet die Gemütlichkeit des Raums auf Bildern und in
       einem Beitext aus. Das Zimmer ist vollgehängt mit Mitbringseln und Nippes,
       es gibt Fotografien und Urkunden, alles golden gerahmt, unter der Decke
       hängt eine Flinte. Der Schreibtisch ist voll mit Papier, kein Computer,
       aber drei Smartphones liegen ganz oben auf den Stapeln. Mitten in diesem
       Panorama überreicht Bild-Chef Kai Diekmann Trump feierlich ein Stück Mauer
       als Geschenk, signiert von Kohl, Gorbatschow und Bush senior. Hier trifft
       nicht etwa ein Journalist einen Spitzenpolitiker, hier trifft ein
       Möchtegern-Global-Player auf ein Faszinosum.
       
       Entsprechend harmlos liest sich das Interview. Diekmann und sein
       Mitinterviewer, der Times-Kolumnist Michael Gove, tippen Themen an, und
       dann lassen sie Trump schwafeln. Kritische Nachfragen? Fehlanzeige.
       Vielleicht sind die Interviewer von den wirren Aussagen des zukünftigen
       Präsidenten schlicht überfordert. Der mäandert um die Themen herum,
       markiert jovial Sprüche, widerspricht sich mehrmals innerhalb weniger Sätze
       (Die Nato sei zwar „obsolet“, aber eben auch „wichtig“) und gibt
       Nichtigkeiten von sich („Der Dollar ist eine Währung und sehr in Ordnung“).
       
       Warum druckt die Bild das Interview in voller Länge, anscheinend kaum
       geglättet, kaum redigiert? Natürlich sagt sie damit: So wichtig ist Trump,
       so wichtig nimmt Trump die Bild. Tatsächlich sind Trumps Aussagen aber
       auch nur sehr schwer kürzbar, ohne seinen Worten einen Sinn zu geben, den
       sie möglicherweise gar nicht haben. Diekmann macht eine Erfahrung, die
       viele andere Journalisten vor ihm auch schon machen mussten, und teilt sie
       nahezu ungefiltert mit dem Bild-Publikum: Wirklich fassbar ist Trump nicht.
       
       ## Scheinbare Klarheit
       
       Dankenswerterweise hat die Zeitung ein paar der markigsten Sprüche aus
       Trumps Aussagen gefischt. „Ich mag Ordnung!“ steht über dem Text,
       mittendrin „Ich liebe Deutschland“ oder „Weitere Länder werden aus der EU
       austreten“. Das sind scheinbar klare Aussagen, im Kontext aber schwächt
       Trump sie ab, bleibt bewusst im Ungefähren, schafft ein Chaos aus den
       möglichen Interpretationen seiner Worte, das seine wahren Absichten
       verschleiert.
       
       Das ist ein erprobter Mechanismus in totalitären Staatsformen: Je unklarer
       ist, was die Führung wirklich will, desto größer ist die Macht der Führung,
       ihre Ziele durchzusetzen. Nur: Hat Donald Trump wahre Absichten? Auch das
       bleibt unklar. Und nur deswegen sind die USA auch keine Diktatur. Aber eine
       Regierung, bei der der Staatschef seinen Kurs mal eben wechselt, wenn er
       das Gefühl hat, dass die öffentliche Meinung es anders sieht, ist keine
       Demokratie mehr.
       
       Und genau deswegen können Journalist_innen an Donald Trump auch nicht die
       gleichen Maßstäbe anlegen wie an andere Politiker. Trump erfordert neue
       Umgangsformen. Nicht jede seiner Launen können und sollten Medien
       aufblasen. Sonst machen sie sich mitschuldig an der Verschleierungstaktik.
       Und doch muss es weiter inhaltliche Auseinandersetzungen mit Trumps
       Aussagen geben. Vor allem mit denen, die direkte Auswirkungen haben.
       Willfährige Stichwortgeber wie Kai Diekmann allerdings braucht man an
       dieser Stelle nicht.
       
       17 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Göbel
       
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