# taz.de -- Nach dem Anschlag in Berlin: Verdächtigter wieder auf freiem Fuß
       
       > Der am Mittwoch Festgenommene ist wieder frei. Ermittler halten das
       > IS-Video für authentisch. Und die Behörden beschäftigte der Fall Anis
       > Amri schon im April.
       
 (IMG) Bild: Trauer an Weihnachten: Blumen auf dem Breitscheidplatz am Montag
       
       Karlsruhe/Berlin dpa | Ein als Kontaktmann des mutmaßlichen Terroristen
       Anis Amri verdächtigter Tunesier ist wieder auf freiem Fuß. Die
       Bundesanwaltschaft habe gegen den 40-Jährigen keinen Haftbefehl erwirkt,
       teilte eine Sprecherin am Donnerstag in Karlsruhe mit. Ermittler hatten den
       Mann am Mittwoch in Berlin vorläufig festgenommen. Seine Nummer war in dem
       Telefon Amris gefunden worden.
       
       Nach weiteren Angaben der Justizbehörde ist das Video, in dem der
       mutmaßliche Attentäter von Berlin sich zur Terrormiliz „Islamischer Staat“
       (IS) bekennt, authentisch. Amri sei den Ermittlungen zufolge darin
       tatsächlich zu sehen, sagte die Sprecherin.
       
       Das IS-Sprachrohr Amak hatte vier Tage nach dem Anschlag vom 19. Dezember
       ein Video veröffentlicht. In der knapp dreiminütigen Aufnahme schwört Amri
       dem Anführer der IS-Miliz, Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Er richtet sich
       dabei an die „Kreuzzügler“: „Wir kommen zu Euch, um Euch zu schlachten, Ihr
       Schweine.“ Es werde Rache für das Blut von Muslimen geben, das vergossen
       wurde. Dabei steht Amri offensichtlich auf einer Brücke. Hinter ihm ist ein
       Gewässer zu sehen. Die Aufnahme könnte in Deutschland aufgenommen sein.
       
       Der 24-jährige Amri war den Ermittlungen zufolge mit einem Lastwagen in den
       Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gefahren. Zwölf Menschen
       starben, 55 wurden verletzt. Der Bundesanwaltschaft zufolge verhinderte die
       moderne Technik des Lkw „noch schlimmere Folgen“. Ein automatisches
       Bremssystem brachte das Fahrzeug nach 70 bis 80 Metern zum Stehen. Auf
       seiner Flucht wurde Amri am 23. Dezember in der Nähe von Mailand von der
       Polizei erschossen.
       
       Das Kaliber der Waffe, mit dem Amri dort auf zwei italienische Polizisten
       geschossen hatte, ist laut Bundesanwaltschaft dasselbe, das im
       Anschlags-Laster verwendet wurde. Ob das Projektil im Lkw aus derselben
       Waffe stamme, müsse aber noch in Zusammenarbeit mit den italienischen
       Behörden genauer ballistisch untersucht werden, sagte die Sprecherin.
       
       ## Todeszeitpunkt des Lkw-Fahrers weiter unklar
       
       Der Todeszeitpunkt des polnischen Fahrers, mit dessen Lkw der Anschlag
       verübt und der auf dem Beifahrersitz gefunden wurde, konnte laut
       Bundesanwaltschaft noch nicht genau festgestellt werden.
       
       Nach dem vorläufigen Obduktionsbericht bestehe eine zeitliche Nähe zum
       Anschlag. Messerstiche seien nicht festgestellt worden. Die genaue Klärung
       des Todeszeitpunkts erfolge mit dem abschließenden Obduktionsbericht Mitte
       Januar.
       
       Zum Hergang der Tat, zur Fluchtroute und zur Identität der Opfer sind noch
       immer viele Fragen offen. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV)
       kritisierte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur die
       Informationspolitik der Ermittlungsbehörden nach Ereignissen wie dem
       jüngsten Anschlag.
       
       ## Ermittlungen wegen Sozialbetrugs
       
       Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die deutschen Behörden gegen den
       mutmaßlichen Attentäter vom Weihnachtsmarkt bereits früh wegen
       unterschiedlicher Identitäten ermittelt hatten. Im April habe die
       Staatsanwaltschaft Duisburg ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs gegen
       den Tunesier eröffnet, sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag.
       
       Amri habe im November 2015 unter zwei Namen Sozialleistungen in Emmerich
       und in Oberhausen beantragt. „Es geht um eine Überschneidungszeit von
       wenigen Tagen“, sagte Detlef Nowotsch von der Duisburger
       Staatsanwaltschaft. Im November sei das Verfahren eingestellt worden, weil
       nicht bekannt gewesen sei, wo sich Amri aufhalte.
       
       Ungeklärt sei, ob die Staatsanwaltschaft im April schon gewusst habe, dass
       Amri als sogenannter Gefährder beobachtet wurde, dem ein Anschlag zugetraut
       wurde. „Gefährdersein ist keine Straftat, sondern ein Begriff aus der
       Prävention. Als Staatsanwaltschaft verfolgen wir aber angezeigte oder von
       uns erkannte Straftaten.“
       
       29 Dec 2016
       
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