# taz.de -- „Tatort“ über Flüchtlinge und Rassismus: Der Zorn der Trolle
       
       > Klare Kante gegen Rechts im TV-Heiligtum „Tatort“? Die Ausgabe vom
       > Sonntag, „Land in dieser Zeit“, lässt die sozialen Medien braun anlaufen.
       
 (IMG) Bild: Linksversiffte Gutmenschen beim Bessersein: Szene aus „Land in dieser Zeit“
       
       Wenn es eine Fernsehserie gibt, die in Deutschland Kultstatus hat, dann ist
       das ganz klar der „Tatort“. Egal, wie schlecht der Krimi in der vergangenen
       Woche mal wieder war – das Stammpublikum sitzt jeden Sonntag Punkt 20.15
       Uhr vor dem Fernseher. Nun fühlt sich ein Teil der Zuschauer verraten,
       verkündet in den sozialen Medien laut ihre Wut über den „Tatort“ und die
       Öffentlich-Rechtlichen, sieht gar den Untergang der Kultserie eingeläutet –
       denn die Sendung hat es gewagt, ganz klar Haltung gegen Rechts zu beziehen.
       
       Doch von vorne. Ein Molotowcocktail fliegt in einen Friseursalon, dabei
       stirbt die Auszubildende. Mit Farbe hat jemand „Kill All Nazis“ vor den
       Tatort gesprüht. So geht er los, der [1][Frankfurter „Tatort“ „Land in
       dieser Zeit“].
       
       Die Kollegin der Toten beschuldigt einen jungen Flüchtling, der in der
       Gegend Drogen verkauft. In ihrer Freizeit tanzt sie in einem bei Neonazis
       beliebten Club und singt deutsches „Liedgut“ in einem Chor. Dort singen
       auch ihre zwei Freundinnen, beide beim Verfassungsschutz bekannt als
       Mitglieder der „Kongruenten“ – einer [2][an die neurechten „Identitären“]
       angelehnten Gruppierung.
       
       Am Ende stellt sich heraus: Das Feuer hat das rechte Trio gelegt. Die
       Frauen wollten damit gezielt eine in ihren Augen nicht nach Deutschland
       gehörende Person diskreditieren. Währenddessen sind einige Flüchtlinge
       vorübergehend bei einem der Kommissare einquartiert – in ihrer
       Sammelunterkunft gab es einen Wasserschaden.
       
       ## Die Spielarten des Rassismus
       
       Eine junge Frau aus dieser Gruppe wird nachts von drei Männern angegriffen
       und brutal zusammengeschlagen. Und dann rückt auch noch die Polizei im Haus
       des Kommissars an, um einen der Flüchtlinge abzuführen – er habe eine
       falsche Identität benutzt, sei Afghane und nicht Syrer, lautet die
       Begründung der Beamten. Ob [3][Afghanistan etwa ein sicheres Land sei],
       will die verzweifelte Hausherrin wissen. „Das habe ich nicht zu
       entscheiden“, lautet die bürokratische Antwort des Polizisten.
       
       Dieser Frankfurter „Tatort“ hat einige der drängenden Themen unserer
       Gesellschaft aufgegriffen. Es geht um Rassismus in seinen vielfältigen
       Spielarten – vom dumpfen Neonazi bis zum pseudointellektuellen Neurechten,
       der „zwar nichts gegen Ausländer“ hat, aber möchte, dass bitte alle da
       bleiben, wo sie „hingehören“. Es geht um wachsende Ressentiments auf allen
       gesellschaftlichen Ebenen und um ein Asylrecht, das Entscheidungen auf
       Grundlage innenpolitischer Debatten fällt statt auf den [4][tatsächlichen
       Bedingungen in den Herkunftsländern].
       
       Leider kommt der Film dabei sehr steif daher. Zu gestelzt die Dialoge, zu
       bemüht der Versuch, noch aus jeder Ecke einen Rassisten hervorzukramen.
       Dabei hat der „Tatort“ in der Sache Recht, und trifft ganz offensichtlich
       einen sensiblen Punkt. Nicht von ungefähr werden diejenigen, die dieser
       Tage vor Rassismus warnen, vor allem im Netz massiv angegangen.
       
       Auch der „Tatort“ hat prompt seinen ganz persönlichen rechten Shitstorm
       abbekommen: „Wie die 68er und deren Brut mit Arroganz, Unfähigkeit und
       Meinungsdiktat die Kultkrimiserie der ARD zerstören“, twittert einer,
       „zwangsfinanzierter Gesinnungsterror, für den ihr auch noch zahlt“, ein
       anderer. Dazu die obligatorische Aufzählung von „Ausländerkriminalität“.
       
       Nun könnte man sich wünschen, der Frankfurter „Tatort“ sei besser umgesetzt
       gewesen. Doch so oder so hat er offensichtlich einen Nerv getroffen. Sei es
       der Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt oder die Debatte um Racial
       Profiling in Köln – sofort tobt im Netz der rassistische Mob. Und er
       [5][vergiftet die gesamte gesellschaftliche Debatte]. Reichlich zynisch
       könnte man zusammenfassen: Wer den Zorn dieser Trolle auf sich zieht, hat
       alles richtig gemacht.
       
       9 Jan 2017
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dinah Riese
       
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