# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Gegen die Trolle
       
       > Zensur ist in der Türkei Alltag. Dass die Regierung gegen Hate Speech
       > vorgeht, die die Opfer des Reina-Anschlags verspottete, ist
       > bemerkenswert.
       
 (IMG) Bild: Polizisten sichern den Tatort – die Regierung säubert die Social Media Kanäle
       
       Nach dem Terroranschlag auf den Istanbuler Nachtclub Reina in der
       Neujahrsnacht will die türkische Regierung gegen Hasskommentare in den
       sozialen Medien vorgehen. Nach dem Anschlag im Reina hatten einige Nutzer
       die Opfer verspottet. Tenor: Wer an Silvester feiere, sei selbst schuld,
       denn Neujahrsfeiern seien unislamisch. Gegen 347 Accounts sind nun
       Ermittlungen eingeleitet worden.
       
       Dass die türkische Regierung gegen Äußerungen in den sozialen Netzwerken
       hart vorgeht, ist nichts Neues. Zuletzt wurde der Journalist Ahmet Şık
       wegen eines regierungskritischen Tweets festgenommen. Dass jedoch
       Hasskommentare strafrechtlich verfolgt werden, die auf Linie des
       konservativen Diskurses sind, ist bemerkenswert. Denn die Konservativen
       haben den Boden für die Hasspostings selbst gelegt. Die regierungsnahe
       Zeitung Milli Gazete zum Beispiel hatte gar davor gewarnt, Silvester zu
       feiern. Von dieser Stimmungsmache zu den Hasskommentaren nach dem Anschlag
       ist es nicht mehr weit.
       
       Die türkische Regierung gibt sich nach dem Reina-Anschlag geläutert.
       Ministerpräsident Binali Yıldırım verkündete am Dienstag vollmundig: „Die
       Türkei ist ein Rechtsstaat. In diesem Land stehen alle Lebensweisen, alle
       Glaubensrichtungen und alle Gesinnungen unter staatlichem Schutz.“ Und
       Recep Tayyip Erdoğan warnte nach dem Anschlag vor einer Spaltung des
       Landes. Darauf zielten Versuche ab, den Anschlag mit unterschiedlichen
       Lebensstilen in Verbindung zu bringen. Die Regierung mische sich
       keinesfalls in die Lebensführung der Bürger ein, erklärte Erdoğan.
       
       Man mag es kaum glauben. Die Türkei eine Demokratie, in der jede Meinung
       und Lebensart ihren Platz hat? Lassen wir das mal unbeantwortet. Trotzdem:
       Gut, dass sich die Ermittlungswut der Regierung nun gegen die Trolle
       richtet, die im Internet Hass gegen alle schüren, was nicht ihrem Weltbild
       entsprechen. Denn in diesem Fall geht es nicht um die Einschränkung freier
       Meinungsäußerung, sondern um das strafrechtliche Vorgehen gegen Hatespeech.
       
       7 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elisabeth Kimmerle
       
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