# taz.de -- Péter Esterházy ist tot: Lüge, Wahrheit, Höflichkeit
       
       > Er war Genussmensch und Skeptiker: zum Tode des ungarischen
       > Schriftstellers Péter Esterházy, der seit 1980 in Deutschland lebte.
       
 (IMG) Bild: Ein DAAD-Stipendium führte ihn nach Berlin: Péter Esterházy in Budapest, 2016
       
       In Gesprächen zeigte Péter Esterházy eine Selbstironie und Freundlichkeit,
       die man auf dem manchmal hemdsärmeligen Berliner Kulturparkett, auf dem man
       ihn oft sah, nur schwer einordnen konnte. Groß und haarumwölkt stand er da
       und war sich seiner Bedeutung schon bewusst – und zugleich immer bereit,
       seine Gedanken in den Horizont des Gegenübers zu übersetzen.
       
       Hoch freundlich konnte er dann sagen, dass die Freundlichkeit die
       höflichste Art des Lügens sei. Überhaupt das Lügen: „Das Wort spielt in der
       Literatur nicht, hat keine Bedeutung. Ein Werk kann lügen mit lauter
       sogenannten wahren Sätzen und umgekehrt mit Lügen zu der Wahrheit kommen“,
       hat er vor drei Jahren [1][in einem Interview in der taz] gesagt.
       
       Er hatte einen großen Reichtum an Erfahrungen und Gedanken, aus dem er bei
       solchen Gesprächen schöpfen konnte. Seit ihn 1980 ein DAAD-Stipendium
       30-jährig nach Berlin führte, lebte er fast ein ungarisch-deutsches
       Doppelleben.
       
       Der sagenumwobenen Familie der Esterházys, in die er hineingeboren war,
       widmete er sein Hauptwerk „Harmonia Caelestis“. Als er erfuhr, dass sein
       Vater als IM für den ungarischen Geheimdienst gespitzelt hat, ließ er eine
       „Verbesserte Ausgabe“ folgen.
       
       Hinter seinem Witz steckte vielleicht so etwas wie eine grundsätzliche
       Skepsis und ein umfassendes Dissidententum, das sich auf Politisches nicht
       reduzieren lässt. Statt politisierter Schriftsteller hat er einmal
       politisierte Politiker gefordert. Die freiheitserzeugende Schöpferkraft der
       literarischen Sprache auf Problemlösungen zu beschränken wäre ihm, dem
       europäischen Genussmenschen und Spracherotiker, wohl als Gefängnis
       vorgekommen.
       
       Am Donnerstag ist Péter Esterházy nach einer Krebserkrankung 66-jährig in
       Budapest gestorben.
       
       15 Jul 2016
       
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