# taz.de -- Refugee-Kontrollen in Hamburg: Auf Daten-Jagd
       
       > Geflüchtete werden in Baumärkten und Erstunterkunft jetzt von Zoll und
       > Bundeswehr erkennungsdientlich behandelt.
       
 (IMG) Bild: Lückenlose Registrierung: Wie hier in Heidelberg werden Geflüchtete auch in Hamburg erfasst.
       
       Hamburg taz | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) möchte die
       Bearbeitung von Asylverfahren in Hamburg beschleunigen. Zu diesem Zweck
       suchen zurzeit mobile Teams von Zoll und Bundeswehr im Auftrag des BAMFs
       die Erstaufnahmeeinrichtungen und Unterkünfte in ehemaligen Baumärkten in
       der Stadt auf, um die Geflüchteten erkennungsdienstlich zu behandeln. Das
       bestätigte Bundesamt-Sprecherin Kira Gehrmann der taz.
       
       „Es ist eine Art Nacherfassung“, sagte Kerstin Graupner, die Sprecherin des
       Hamburger Flüchtlingskoordinators Anselm Sprandel. „Bei dem Andrang in den
       Wintermonaten sind nicht alle richtig erfasst worden.“
       
       ## Fingerabdrücke genommen
       
       Jetzt werden Daten wie Name und Herkunft erfasst, Fingerabdrücke genommen
       und biometrische Lichtbilder aufgenommen. Damit werden sogenannte
       „Vorakten“ erstellt, sagte Gehrmann. Wenn nun ein Geflüchteter bei der
       BAMF-Außenstelle einen Asylantrag stelle, könne der Schritt der
       erkennungsdienstlichen Behandlung übersprungen werden, weil bereits die
       wichtigen Daten erfasst seien, sagte Gehrmann. „Das dient dazu, die
       Bearbeitung eines Asylantrags zu beschleunigen.“
       
       Diese Maßnahme könnte allerdings auch die Vorbereitung für schnelle
       Abschiebungen sein. Das berichten zumindest Helfer aus einer der
       Einrichtungen für Geflüchtete, die entsprechende Bemerkungen der
       eingesetzten Zollbeamten mitbekommen haben. Vor allem Menschen aus
       Afghanistan, Tschetschenien, Iran und den Balkanstaaten hätten kaum eine
       Chance, zu bleiben, hieß es.
       
       Seit vergangenem Donnerstag werden neu ankommende Geflüchtete dieser
       erkennungsdienstlichen Prozedur in der neu geschaffenen
       Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) im Rahlstedter Bargkoppelweg sofort
       unterzogen. Mitarbeiter der Ausländerbehörde nehmen in Registrierbüros die
       Daten der Menschen auf, sichern Fingerabdrücke und fertigen biometrische
       Fotos an. Die entsprechende Technik haben Mitarbeiter der Bundesdruckerei
       dort installiert. Die Ausländerbehörden der Länder und das BAMF können dann
       auf diese Daten zugreifen. Das entsprechende Gesetz für den einheitlichen
       Flüchtlingsausweis wurde im Januar im Eiltempo durch den Bundestag
       gebracht.
       
       ## Schnelle Registrierung
       
       Diese schnelle Registrierung kann für die Flüchtlinge aber auch nützlich
       sein, sofern sie dadurch schneller in Folgeunterkünften untergebracht
       werden.
       
       Ende April lebten laut Antwort auf eine Anfrage der CDU-Politikerin Karin
       Prien noch knapp 4.000 Menschen in ehemaligen Baumarkthallen und 266
       Menschen in Zelten. Die Stimmung unter den Bewohnern der Großunterkünfte
       soll verzweifelt sein. Menschen aus Ländern mit geringer Bleibeperspektive,
       aus sogenannten sicheren Herkunftsländern also, sollen teilweise seit acht
       Monaten in den zur Notunterkunft umfunktionierten Baumarkthallen leben und
       nie heraus gekommen sein, weil sie keine Sprach- oder Integrationskurse
       bekommen.
       
       Abgelehnten Asylbewerbern bleibt der „Rechtsweg offen“, wie Innensenator
       Andy Grothe (SPD) bei der EAE-Eröffnung betonte. Doch die Beratungsangebote
       der Stadt sollen nach Angaben von Helfern überlastet sein. Sozialarbeiter
       in den Unterkünften berichten, sie seien angehalten, keine Rechtsberatung
       zu erteilen.
       
       18 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
 (DIR) Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Datenschutz
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Flüchtlingshilfe
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Roma
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gekündigte Anhörer im Asylverfahren: So läuft das eben beim Bamf
       
       Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte Hunderte neue
       Mitarbeiter ein. Viele wurden nach drei Wochen Schulung wieder entlassen.
       
 (DIR) Flüchtlinge in Hamburg: Senat setzt auf neue Zahlen
       
       Statt 40.000 plant der Senat nur noch mit etwa 30.000 Plätzen für
       Schutzsuchende. Anhaltend hoch bleibe aber der Bedarf an Folgeunterkünften
       
 (DIR) Musterklage für mehr Selbstbestimmung: Flüchtlingsrat verklagt Hamburg
       
       Der Flüchtlingsrat hat eine Musterklage gegen die Stadt eingereicht. Denn
       Geflüchtete dürfen oft nicht entscheiden, wer sie besucht.
       
 (DIR) AK Asyl ausgeschlossen: Nur zahme Flüchtlingshilfe erwünscht
       
       Der Arbeitskreis Asyl engagiert sich in Cuxhaven seit 30 Jahren für
       Flüchtlinge. In eine Liste des Landkreises für Ehrenamtliche will er sich
       nun einklagen.
       
 (DIR) Übergriffe in Sachsen: Attacken gegen Flüchtlinge
       
       In Rechenberg-Bienenmühle blockieren 100 Personen die Zufahrt zur
       Asylbewerberunterkunft. In Löbau verüben zwei Männer einen Brandanschlag
       auf ein Heim.
       
 (DIR) Hamburgs Flüchtlingskoordinator über Notunterkünfte: „Es ist ein Provisorium“
       
       Die Baumarkt-Hallen als Unterkünfte wieder aufzulösen, ist keine Sache von
       wenigen Monaten, sagt Hamburgs Flüchtlingskoordinator Anselm Sprandel.
       
 (DIR) Drohende Abschiebung nach Mazedonien: Der Traum vom Bleiben
       
       Gamze B. hat ihren Schulabschluss an einer Hamburger Schule gemacht, eine
       Lehrstelle hat sie auch. Doch die Familie ist von Abschiebung bedroht.
       
 (DIR) Geschichte einer Flucht: Rotenburg–Kosovo und zurück
       
       Familie Shala ist wieder in Rotenburg an der Wümme. Bis zu ihrer
       Abschiebung in den Kosovo 2010 hatte die Romafamilie über 20 Jahre in
       Niedersachsen gelebt. Im Februar hatten wir sie noch im Kosovo besucht.