# taz.de -- Baden-Württemberg und der Freihandel: Kretschmanns „Jain“ bei Ceta
       
       > Im Wahlkampf haben die Grünen einen Stopp des Abkommens mit Kanada
       > versprochen. Doch auch ihre Zustimmung ist möglich.
       
 (IMG) Bild: Sieht zielstrebig aus, wird bei CETA allerdings ziemlich wackelig: die Haltung von Kretschmann
       
       Berlin taz | Im Wahlkampf war die Position der baden-württembergischen
       Grünen zu Ceta, dem umstrittenen Freihandelsabkommen zwischen der EU und
       Kanada, noch eindeutig: „Nach heutigem Kenntnisstand lehnen wir Grüne Ceta
       ab“, heißt es darin. Und gegenüber dem Umweltverband BUND und dem
       Aktionsbündnis Campact gab die Partei ein unmissverständliches Versprechen
       ab: „Ja“ lautete die Antwort auf die Frage, ob die Partei dafür sorgen
       werde, dass Baden-Württemberg Ceta im Bundesrat ablehnt, „sofern dies
       Sonderklagerechte für ausländische Investoren enthält“.
       
       Damit müsste eigentlich klar sein, dass Baden-Württemberg Ceta stoppt. Der
       Text von Ceta ist fertig verhandelt und seit Monaten öffentlich. Und er
       räumt ausländischen Investoren in einem eigenen Kapitel die umstrittenen
       Sonderklagerechte ein, die die Grünen im Wahlkampf ausgeschlossen haben.
       
       Doch wer vermutet, dass der grün-schwarze Koalitionsvertrag darum eine
       Absage an Ceta enthält, wird enttäuscht. Das Kapitel zu internationalen
       Handelsverträgen beginnt mit der Feststellung, dass diese „Chancen“ bergen,
       „aber auch Risiken“. Die Zustimmung will die Regierung „von der Einhaltung
       unserer für die EU vereinbarten Standards […] abhängig machen“. Aufgezählt
       wird dabei neben Verbraucherschutz und Umweltschutz unter anderem die
       „öffentliche Gerichtsbarkeit bei Investor-Staats-Klagen“.
       
       Diese Formulierung unterscheidet sich deutlich von den Äußerungen im
       Wahlkampf, als die Grünen jegliche Sonderklagerechte für Konzerne
       ablehnten. Und sie ist perfekt auf den vorliegenden Ceta-Vertragstext
       abgestimmt: Denn anders als zunächst geplant sollen Investoren im Rahmen
       von Ceta nicht vor geheim tagenden Privatgerichten klagen, sondern vor
       einem neu geschaffenen Gericht mit öffentlichen Anhörungen. Für Thomas
       Fritz, der im Auftrag diverser Organisationen Studien zu Ceta erstellt hat,
       ist der Sinn dieser Formulierung klar: „Damit öffnet Grün-Schwarz eine
       Hintertür für die Zustimmung zu Ceta im Bundesrat“, meint er.
       
       Das weisen die baden-württembergischen Grünen zurück. „Es ist ein
       Verhandlungserfolg der Grünen, dass der Koalitionsvertrag klare rote Linien
       enthält“, sagte der Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand der taz. Dass
       darin noch keine Ablehnung von Ceta festgeschrieben wird, stört ihn nicht.
       „Ich finde es nachvollziehbar, dass man sich erst dann damit
       auseinandersetzt, wenn die Entscheidung tatsächlich ansteht.“ Die Partei
       werde „auf die Landesregierung einwirken, Ceta im Bundesrat abzulehnen“.
       
       Dass Druck von außen notwendig sein wird, meint auch der
       Grünen-Europaabgeordnete und Wirtschaftsexperte Sven Giegold. „Der
       Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg enthält zwar starke Kriterien“,
       sagte er der taz. „Aber ohne Druck wird eine Verletzung dieser Kriterien
       nicht reichen, um Ceta im Bundesrat zu stoppen.“ Darauf wollen die
       Aktivisten von Campact nicht warten. „Kretschmann darf sich nicht länger
       wegducken, sondern muss jetzt der EU-Kommission klar machen, dass er Ceta
       nicht zustimmen wird“, sagte Geschäftsführer Christoph Bautz.
       
       10 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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