# taz.de -- Fluggastdatenspeicherung vor Gericht: Wie weit gehen die Grundrechte?
       
       > Die obersten europäischen Richter haben Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
       > Speicherung von Fluggastdaten. Heißt das auch, dass sie nicht kommt?
       
 (IMG) Bild: Wer ist hier mit wem unterwegs? Und: Darf diese Info für die nächsten 5 Jahre abgespeichert werden?
       
       Luxemburg taz | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) zweifelt, ob es mit den
       Grundrechten vereinbar ist, die Daten von Flugpassagieren jahrelang
       vorsorglich zu speichern und auszuwerten. Das zeichnete sich am Dienstag
       bei der mündlichen Verhandlung über ein entsprechendes Abkommen mit Kanada
       ab.
       
       Die Speicherung der Fluggastdaten ist eine neue Vorratsdatenspeicherung. Im
       geplanten Abkommen mit Kanada ist vorgesehen, dass die Daten aller
       Reisenden, die nach Kanada fliegen, dort fünf Jahre lang gespeichert
       werden. Das soll der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität
       dienen.
       
       Gespeichert werden 19 Daten pro Person, zum Beispiel Reiseziel,
       Reisepartner, Zahlungsmittel und Sonderwünsche beim Essen. Mit den USA und
       Australien bestehen bereits ähnliche Abkommen. Inzwischen plant die EU
       sogar eine eigene Fluggastdatenspeicherung.
       
       Das Europäische Parlament, das dem Abkommen mit Kanada zustimmen muss, hat
       den EuGH Ende 2014 um ein Gutachten gebeten. Das lag nahe, nachdem der EuGH
       im April 2014 überraschend die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von
       Telekommunikations-Daten für nichtig erklärt hatte – sie habe
       unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte unbescholtener Personen
       vorgesehen. Die Europaabgeordneten haben den Verdacht, dass die
       Fluggastdatenspeicherung das gleiche Problem haben könnte.
       
       Federführender EuGH-Richter ist auch diesmal der Deutsche Thomas von
       Danwitz, der in der Verhandlung massive Zweifel äußerte. „Selbst die
       integerste Person – wie der Präsident unseres Gerichtshofs – muss sich
       diese Speicherung gefallen lassen“, monierte er. „Kann das mit den
       EU-Grundrechten vereinbar sein?“
       
       ## „Absolut notwendig“
       
       „Nur wenn alle gespeichert werden, können auch unbekannte Täter erkannt
       werden“, verteidigte die Vertreterin der EU-Kommission das Prinzip. Sie
       wurde unterstützt von allen sich zu Wort meldenden Regierungen, wobei die
       Bundesregierung schwieg.
       
       So verwies der englische Vertreter auf Erfolge der britischen Polizei. „Mit
       Hilfe der Fluggastdaten wurde ein junger Mann erkannt, der als Kämpfer nach
       Syrien reisen wollte“, berichtete der Brite. „Aus dem, was wir über
       bekannte Täter wissen, entwickeln wir Szenarien, die wir mit dem Verhalten
       der Fluggäste abgleichen“, erklärte er, „und wenn der Computer jemand als
       verdächtig markiert hat, kontrollieren wir ihn näher“.
       
       Der Vertreter Irlands versuchte den EuGH zu überzeugen, dass die
       Fluggastspeicherung kein massiver Eingriff ist: „Es fliegen ja nicht so
       viele Menschen nach Kanada.“ Eine fünfjährige Speicherung der Daten sei
       „absolut notwendig“, betonte der spanische Vertreter, sonst könne man keine
       aussagekräftigen Risikobewertungen vornehmen.
       
       Sollte der EuGH seiner Linie beim Datenschutz treu bleiben, wäre das
       Abkommen mit Kanada blockiert. Bei der EU-eigenen Fluggastdatenspeicherung
       will das Parlament das EuGH-Gutachten jedoch nicht abwarten, sondern schon
       Ende April seine Zustimmung geben. Pilotprojekte laufen schon. Auch die
       Skeptiker wollen nicht auf den EuGH warten. Denn gemeinsam mit der
       Flugdatenspeicherung sollen die neue Datenschutz-Grundverordnung und eine
       Richtlinie zum Polizeidatenschutz verabschiedet werden.
       
       5 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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