# taz.de -- Rücknahme afghanischer Flüchtlinge: EU erwägt Hilfsentzug für Kabul
       
       > Die EU will über 80.000 afghanische Flüchtlinge an den Hindukusch
       > zurückschicken. Mittels Drohung will sie die Regierung in Kabul gefügig
       > machen.
       
 (IMG) Bild: Ein afghanisches Flüchtlingspaar nach der Ankunft in Athen, 25. Februar 2016
       
       Berlin taz | Die EU erwägt, über 80.000 afghanische Flüchtlinge
       abzuschieben und der Regierung in Kabul mit Kürzungen der Entwicklungshilfe
       zu drohen, um sie zur Aufnahme der Abzuschiebenden zu bewegen. Das geht aus
       einem als „EU-intern“ eingestuften Diskussionspapier vom 3. März hervor,
       das die EU-Kommission und ihr Auswärtiger Dienst EEAS verfasst haben.
       
       Das [1][Papier (pdf-Datei)] wurde jetzt von der Bürgerrechtsorganisation
       Statewatch veröffentlicht. In dem Papier wird angedacht, ein 2015 von der
       EU und Afghanistan paraphiertes, also noch nicht rechtskräftiges,
       Kooperationsrahmenabkommen als „Hebel“ zu nutzen, um die in dem Dokument
       als „schwierig“ bezeichnete Regierung von Präsident Aschraf Ghani unter
       Druck zu setzen.
       
       Diese weigert sich bisher, aus der EU Zwangsabgeschobene aufzunehmen. Ende
       Februar trafen die ersten 125 als „Freiwillige“ bezeichneten afghanischen
       Rückkehrer aus Deutschland in Kabul ein.
       
       Das Kooperationsabkommen ist für die von Ghani ausgerufene
       „Transformationsdekade“ bis 2024 ausgelegt. In dem Zeitrahmen will er das
       Land wirtschaftlich auf eigene Beine stellen will.
       
       ## Regierung von Ashraf Ghani gilt als „schwierig“
       
       Dafür haben die EU-Staaten bis 2020 bisher 1,4 Milliarden Euro zugesagt.
       Aber die konkrete Bereitstellung hängt von der Erfüllung von Reformzusagen
       ab, die Afghanistan 2012 mit allen Geberländern vereinbart hat. Die
       Kriterien dafür sind bisher eher weich gehandhabt worden. Doch das könnte
       sich nun ändern.
       
       Das öffentlich gewordene EU-Papier bezieht sich auf eine weitere
       Afghanistan-Geberkonferenz im kommenden Oktober in Brüssel. Dort sollen
       Gelder für die Jahre 2017 bis 2020 konkretisiert werden.
       
       Entwicklungshilfe macht etwa 40 Prozent des afghanischen
       Bruttoinlandprodukts aus. Deshalb wird in dem Papier auch gewarnt, die
       Umsetzung der Drohungen könne „im Zusammenbruch des fragilen Staates“
       enden.
       
       ## Angst vor Zusammenbruch
       
       Das würde nicht nur die Aufwendungen des Westens der letzten 15 Jahre in
       Afghanistan in Frage stellen, sondern auch das Narrativ des angeblichen
       Erfolges dort. Dann würden noch mehr Afghanen fliehen. Zudem dürften die
       USA noch ein Wort mitreden, bevor Afghanistan von der EU fallen gelassen
       wird.
       
       In dem Papier wird auch die Debatte um sogenannte „sichere Zonen“ in
       Afghanistan aufgegriffen, in die nach Ansicht verschiedener Regierungen
       Abschiebungen erfolgen können. Diese müssten gemeinsam definiert werden,
       obwohl sie „angesichts der steigenden Unsicherheit in vielen Provinzen
       nicht offensichtlich“ seien.
       
       Als Gegenleistung für Zwangsrückführungen sollen der afghanischen Seite
       unter anderem Erasmus- und andere Stipendienprogramme für afghanische
       Studenten und Wissenschaftler angeboten werden.
       
       23 Mar 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://statewatch.org/news/2016/mar/eu-council-afghanistan-6738-16.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Ruttig
       
       ## TAGS
       
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