# taz.de -- Eskalation in Afghanistan: Die Taliban schlagen wieder los
       
       > Die Frühjahrsoffensive der Taliban startet später als üblich – aufgrund
       > der Friedensgespräche. Eine neue US- Intervention führt zu mehr zivilen
       > Opfern.
       
 (IMG) Bild: Überreste des Busses, in dem am Montag in der Provinz Nangarhar 13 Rekruten der Armee bei einem Anschlag der Taliban starben
       
       Berlin taz | Die Taliban haben am Montagnachmittag den Start ihrer
       diesjährigen Frühjahrsoffensive verkündet. In Gedenken an ihren früheren
       Führer Mullah Muhammad Omar, dessen Tod durch Krankheit sie Mitte 2015
       bekannt gaben, nennen sie die Operationen „Omari“. Gleichzeitig fuhr am
       Montag in der Ostprovinz Nangrahar ein Selbstmordattentäter mit einem
       Motorrad in einem Bus, der Rekruten fuhr. Mindestens 13 Menschen starben,
       weitere wurden verletzt. Die Taliban sollen sich zu dem Anschlag bekannt
       haben.
       
       Bisher starteten die Taliban ihre alljährliche Frühjahrsoffensive immer am
       afghanischen Neujahr am 21. März. Dass sie sich diesmal um drei Wochen
       verspäteten, zeigt den großen Druck, unter dem sie im Hinblick auf
       Friedensgespräche stehen.
       
       Den Druck machte eine Verhandlungsgruppe aus Afghanistans Regierung, dem
       Taliban-Hauptunterstützer Pakistan, dessen regionalem Hauptverbündeten
       China sowie den USA. Die Gruppe forderte Ende Februar die Taliban ultimativ
       auf, binnen zweier Wochen Verhandlungen aufzunehmen.
       
       ## Mit Druck auf die Taliban gescheitert
       
       Das war nicht nur zu kurzfristig, sondern mit den Taliban nicht einmal
       besprochen. Mit ihrer Operation „Omari“ sagen die Taliban Verhandlungen
       zumindest für die kommenden Monate ab.
       
       Politisch kann das aber auch positive Seiten haben: Es ermöglicht allen,
       seriöser und mit mehr Zeit echte Verhandlungen vorzubereiten. Mit dem
       jetzigen Angriffsbefehl will Mullah Omars Nachfolger Mullah Achtar Muhammad
       Mansur zeigen, dass er seine Führungsposition intern konsolidiert hat. Die
       war anfangs umstritten und führte zur Bildung einer – inzwischen allerdings
       schwächelnden – Dissidentenfraktion.
       
       Zudem soll Mansur Hardlinern in den eigenen Reihen zeigen, dass
       Verhandlungen vorzubereiten keine Kapitulation bedeutet. Denn dass auf
       absehbare Zeit keine Seite in der Lage sein wird, den Krieg für sich zu
       entscheiden, dürfte auch den Taliban klar sein. Und damit auch, dass man
       irgendwann verhandeln muss. Dafür versucht Mansur nun, militärisch seine
       Ausgangsposition zu stärken.
       
       ## Auch Regierungstruppen versuchen die Offensive
       
       Das versucht auch die Regierung. In der umkämpften Nordprovinz Kundus,
       einst Hauptstandort der Bundeswehr, kommt die Armee aber nicht voran.
       Lokalpolitiker beklagten am Montag, die Taliban seien dort noch aus keinem
       Distrikt vertrieben worden.
       
       Kämpfe gehen auch in anderen Landesteilen weiter. In der südlichen Provinz
       Helmand kontrollieren die Taliban fast das gesamte flache Land und bedrohen
       seit Wochen die Provinzhauptstadt Laschkargah.
       
       In der Nachbarprovinz Urusgan mussten Regierungstruppen kampflos den
       Distrikt Schahid Hassas räumen. In der Provinz Ghasni warnen
       Lokalpolitiker, dort stünden acht Distrikte vor dem Fall. In der Provinz
       Sabul sind in fünf Distrikten alle Schulen geschlossen.
       
       ## Wichtige Rolle der US-Air Force für Kabuls Truppen
       
       Im Januar schrieb die New York Times, Afghanistans Regierung könne 30 von
       etwa 400 Distriktzentren „nur mithilfe der US-Air Force“ erreichen, also
       nicht auf dem Landweg. Etwa noch einmal so viele Distrikte haben die
       Taliban schon erobert.
       
       Um Niederlagen der afghanischen Streitkräfte zu verhindern, haben die USA
       mehrere Hundert Soldaten zu deren Unterstützung nach Helmand geschickt.
       
       Landesweit haben die USA ihre Luftschläge wieder aktiviert. Prompt kam es
       auch wieder zu zivilen Opfern. Deren Rate liegt laut dem Bureau of
       Investigative Journalism so hoch wie seit 2008 nicht mehr.
       
       Allein in der Ostprovinz Paktika wurden am Donnerstag letzter Woche 17
       Zivilisten getötet. Das US-Kommando bestreitet das und behauptet, es habe
       sich um „Terroristen“ gehandelt.
       
       13 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Ruttig
       
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