# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Österreich: Das Grenzmanagement von Spielfeld
       
       > Die neue Obergrenze von 80 Asylanträgen täglich ist nun gültig: Am
       > österreichisch-slowenischen Übergang in der Steiermark bleibt es ruhig.
       
 (IMG) Bild: Spielfeld an der österreichisch-slowenischen Grenze. Hier werden ankommende Flüchtlinge registriert und auf Österreichs Bundesländer verteilt.
       
       Spielfeld taz | Etwas zu groß geraten. Das ist der erste Eindruck, der sich
       am Grenzübergang Spielfeld in der Steiermark aufdrängt. An diesem Dienstag
       wirken die Anlagen auf dem fast vier Hektar großen Gelände seltsam
       überdimensioniert. Kein einziger Flüchtling wird von der slowenischen Seite
       angekündigt.
       
       Das ist gewissermaßen ein Glücksfall, denn „sonst dürfte ich Sie gar nicht
       reinlassen“, sagt Leo Josefus, Pressesprecher der Landespolizeidirektion
       Steiermark. Er ist seit vergangenem September jeden zweiten Tag im Einsatz,
       um Journalisten, Diplomaten, Delegationen der EU und anderen Besuchern die
       Installationen des „Grenzmanagements“ zu erläutern.
       
       Ein riesiges beheizbares Zelt, das maximal 4.200 Menschen ein Nachtlager
       bieten kann, ist noch nie ausgelastet worden. Mobilklos, eine
       Sanitätsstation mit eigenen Kojen für Frauen, ein Kleiderlager der Caritas
       und das Essenszelt, in dem das Bundesheer bei Bedarf seine Gulaschkanonen
       in Stellung bringt, sorgen für eine Atmosphäre, die den Ankommenden die
       Angst nehmen soll.
       
       Das Labyrinth, an dem sich die Menschen vor der Registrierung wie vor dem
       Sicherheitscheck am Flughafen anstellen müssen, sei aber notwendig, wenn es
       zu Gedränge kommt, sagt Madeleine Heinrich von der Landespolizeidirektion
       in Graz fast entschuldigend.
       
       Der 3,8 Kilometer lange Zaun besteht aus einfachem Maschendraht. Er
       unterscheidet sich damit schon von der Anmutung deutlich vom martialischen
       Stacheldrahtverhau, den Ungarn gegen Eindringlinge aus Serbien und Kroatien
       errichtet hat.
       
       ## „Ein Flüchtling wäre schlecht beraten“
       
       Gleich neben der Grenzanlage klafft eine Lücke, da sich ein Bauer weigerte,
       seinen grenzüberschreitenden Weinberg teilen zu lassen. Die Versuchung, auf
       diesem Weg nach Österreich einzudringen, ist aber gering. Das Bundesheer,
       das hier Assistenzeinsatz leistet, habe einmal neun Palästinenser
       aufgegriffen.
       
       Josefus: „Ein Flüchtling wäre schlecht beraten, wenn er sich nicht dem
       Grenzmanagement unterwirft.“ Die Ankommenden werden in Spielberg nicht nur
       registriert, sondern auch mit Kleidung und Nahrung versorgt. Die meisten
       verweilen nur wenige Stunden, bevor sie in ein Erstaufnahmezentrum irgendwo
       in Österreich befördert werden.
       
       Von Spielberg fährt kein Bus ab, bevor nicht geklärt wird, wo es hingeht.
       Das Innenministerium hat ein eigenes Verteilerzentrum für die Weiterfahrt
       in die Bundesländer eingerichtet. Direkt nach Deutschland geht es nicht.
       Das Rote Kreuz und die Caritas sind seit Monaten ständig präsent. Hunger
       hätten die wenigsten Ankömmlinge, sagt Christian Ornik, der Einsatzleiter
       des Österreichischen Roten Kreuzes. In Slowenien würden die Flüchtlinge
       bereits gut versorgt. Manche litten aber an Erschöpfung, in letzter Zeit
       häuften sich Fieber und Erkältungen. Im Herbst hat eine Syrerin während der
       Nacht ein Kind zur Welt gebracht. Bei der medizinischen Versorgung leisten
       die Dolmetscher der Caritas unentbehrliche Unterstützung.
       
       Die neue Obergrenze von 80 Asylanträgen täglich und maximal 3.200
       Flüchtlingen, die in Deutschland Asyl beantragen wollen, ist seit
       vergangenem Freitag in Kraft. Seither ist das Kontingent an keinem einzigen
       Tag auch nur annähernd erreicht worden. Am Montag kamen 600. Sie wurden aus
       dem slowenischen Maribor im Bus gebracht. 92 Flüchtlinge wurden
       zurückgewiesen.
       
       ## Sie sind bestens vernetzt
       
       Bei der Registrierung werden ihnen die Abdrücke von Daumen, Zeige- und
       Mittelfinger abgenommen. Dann werden sie mit Hilfe von Dometschern befragt.
       „Wenn dabei herauskommt, dass die Staatsbürgerschaft nicht stimmt oder er
       eine falsche Angabe zum Zweck der Reise macht“, so Josefus, werde er oder
       sie zurückgewiesen. Im Formular, das die Grenzbeamten ausfüllen müssen,
       sind etwa zehn Zurückweisungsgründe angeführt. Die Dolmetscher entdecken
       schnell, wenn der Akzent nicht mit dem angegebenen Herkunftsland
       zusammenpasst oder wenn die Person sich in der angeblichen Herkunftsstadt
       nicht auskennt.
       
       Die Flüchtlinge sind bestens vernetzt. Es gibt inzwischen eine eigene App
       für das Smartphone, die bei der Vorbereitung auf die nächste Station hilft.
       Flüchtlinge wissen also auch über Zurückweisungsgründe bescheid. Wer nicht
       nach Deutschland oder Österreich will oder angibt, er sei nicht verfolgt,
       sondern suche Arbeit, wird sofort nach Slowenien zurückgeschickt.
       
       Dass die Bevölkerung nicht mehr mitmacht, fürchtet Christian Ornik vom ÖRK
       nicht. Der Pool der Freiwilligen, die sich engagieren wollen, wachse
       täglich. Die meisten müsse man derzeit wegschicken. Der Einsatzleiter des
       Roten Kreuzes rechnet aber damit, dass die ruhigen Zeiten bald vorbei sind.
       Der Rückstau am Balkan macht ihm Sorgen: „Ich höre die Berichte aus
       Mazedonien. Ich glaub nicht, dass das lang gut gehen wird. Dann werden
       wieder die Massen kommen – ungeordnet.“
       
       25 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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