# taz.de -- Kommentar Brexit-Einigung: Dreistigkeit siegt
       
       > Der britische Premier Cameron setzt sich durch. Nur um den Laden
       > zusammenzuhalten, lässt sich die EU zuviel gefallen.
       
 (IMG) Bild: Der britische Premier hat die europäische Ideee in den Hintergrund gedrängt.
       
       Sie haben es doch noch getan. Nach ungewöhnlich langen, chaotischen
       Verhandlungen haben Deutschland und die anderen EU-Staaten dem europamüden
       Großbritannien einen neuen Sonderstatus zugestanden. Weniger
       Sozialleistungen für EU-Ausländer, neue Sonderrechte für London und ein
       definitives „Good bye“ zu einem europäischen Bundesstaat – das hat Premier
       David Cameron in Brüssel durchgeboxt.
       
       Freuen kann sich darüber niemand. Denn mit dem angeblich „fairen Deal“ wird
       Europa in Wahrheit weniger fair, weniger sozial, weniger offen. Die
       Arbeitnehmer aus Kontinentaleuropa werden diskriminiert, weil sie auf der
       Insel künftig weniger Sozialleistungen bekommen werden als Briten. Das Big
       Business wird bevorzugt; Banker und Broker in der City of London dürfen
       sich freuen.
       
       Doch das ist noch nicht alles. Auch die europäische Einigung wird
       erschwert. Denn Großbritannien nimmt Abschied von der „immer engeren
       Union“, die im EU-Vertrag verankert ist. Dabei machen die Briten bisher
       schon weder beim Euro noch bei Schengen mit. In der Eurokrise standen sie
       ebenso untätig am Spielfeldrand wie in der Flüchtlingsfrage. Nun bekommen
       sie ihr Europa à la carte.
       
       Unverständlich ist, dass sich Kanzlerin Angela Merkel auf diesen Kuhhandel
       eingelassen hat. Sonst gibt sie sich immer prinzipientreu; in der
       Flüchtlingskrise betont sie die Solidarität. Doch ausgerechnet bei
       Großbritannien, das sich noch dreister der europäischen Solidarität
       verweigert als Polen oder Ungarn, drückt sie beide Augen zu. Hehre
       Prinzipien werden der Realpolitik geopfert.
       
       ## Zurück in die Vergangenheit
       
       Das könnte sich noch bitter rächen. Denn das britische Beispiel wird Schule
       machen. Nationalisten und Populisten in ganz Europa warten nur darauf, es
       den Briten gleichzutun und Europa zu erpressen. Cameron hat ihnen gezeigt,
       dass Dreistigkeit siegt. Der Konservative hat auch offenbart, dass sich das
       Rad der Geschichte in Europa zurückdrehen lässt – back to the nation state.
       
       Unverständlich ist auch, wie die Berufseuropäer in Brüssel mit Cameron
       umgegangen sind. Sie hätten seinen Wunschkatalog stutzen und eigene
       Vorschläge machen können – zum Beispiel für mehr Transparenz und
       Demokratie. Genau das hatte Cameron zu Beginn seiner Kampagne selbst
       gefordert. Doch der EU sind die Visionen abhanden gekommen. Es geht nur
       noch darum, den Laden zusammenzuhalten.
       
       20 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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