# taz.de -- Rassistische Übergriffe in Stockholm: Lynchmob jagt Flüchtlingskinder
       
       > Rassisten machten in Schweden Jagd auf Migranten. Klar ist nun, dass die
       > Gewalt von Hooligans der Stockholmer Fußball- und Eishockeyklubs ausging.
       
 (IMG) Bild: Protestversammlung der rechtsgerichteten „Demonstration des Volkes“ in Stockholm am Samstagmittag
       
       Stockholm taz | „Wenn die schwedischen Straßen nicht mehr sicher für
       gewöhnliche Schweden sind, ist es unsere Pflicht, sich dieses Problems
       anzunehmen.“ Das steht auf Flugblättern, die am Freitagabend in Stockholm
       verteilt wurden. Überschrift: „Jetzt reicht es!“
       
       Die Verfasser, die sich „dein Papa, dein Ehegatte, dein Bruder, dein
       Kollege und Nachbar“ nennen, kündigen an, man wolle sich nun der
       unbegleiteten Flüchtlingskinder „annehmen“, die „rund um den Hauptbahnhof
       der Hauptstadt wüten“: „Sie werden jetzt von uns die Strafe erhalten, die
       sie verdienen.“
       
       Gleichzeitig waren Gesinnungsgenossen der selbst ernannten Ordnungshüter
       unterwegs, diese Ankündigung in die Tat umzusetzen. Augenzeugen berichteten
       von zahlreichen Überfällen schwarz gekleideter Maskierter. „Ich wurde
       mehrfach in den Magen und den Rücken getreten“, zitiert die Tageszeitung
       Expressen einen syrischen Flüchtling.
       
       Ein Migrant aus Palästina beschreibt, wie Maskierte wahllos auf Frauen und
       Männer mit dunkler Hautfarbe einschlugen. Ordnungskräfte, die einzugreifen
       versuchten, wurden als „Vaterlandsverräter“ und „Verteidiger von
       Vergewaltigern und Pädophilen“ beschimpft. Der Polizeibericht bestätigt
       ohne Nennung von Details „Attacken auf Menschengruppen“ und die Festnahme
       von Maskierten.
       
       ## „Demonstration des Volkes“
       
       Am Samstag gab es weitere Zusammenstöße. Am Rande einer
       flüchtlingsfeindlichen Demonstration unter dem Motto „Demonstration des
       Volkes“, auf der der Rücktritt der Regierung gefordert wurde, kam es zu
       Zusammenstößen mit deutlich mehr GegendemonstrantInnen. Später am Abend
       meldete die Polizei erneut Attacken auf und Misshandlung von Menschen
       „ausländischer Herkunft“ und vorübergehende Festnahmen.
       
       Der Rassistenmob soll bis zu 100 Personen umfasst haben. Der
       Internetauftritt der Neonazigruppe „Schwedische Widerstandsbewegung“
       spricht von „200 schwedischen Männern“. Auffallend war, dass viele der
       Maskierten Armbinden trugen, mit denen sie sich als Mitglieder von
       Hooligan-Vereinigungen der Stockholmer Fußball- und Eishockeyklubs AIK und
       Djurgården auswiesen.
       
       Ansonsten untereinander spinnefeind, hatten sie sich offenbar zu
       gemeinsamen Aktionen mit rassistischer Zielsetzung zusammengetan. Was laut
       Ann-Britt Furugård von der „Fanpolizei“, einer Spezialeinheit der
       Stockholmer Polizei zum Einsatz bei Sportveranstaltungen, eine neue
       Entwicklung darstelle. Der rechtsextreme Internetauftritt „Nordfront“
       begrüßte, dass die beiden Hooligan-Gruppen jetzt ihre Kräfte vereint
       hätten, um „nun unter kriminellen Einwanderern aufzuräumen“.
       
       ## „An den Ku-Klux-Klan erinnert“
       
       Angesichts dessen, was sich in Stockholm erstmals in dieser Form abspielte,
       spricht Aftonbladet von einem „Lynchmob“, der „an den Ku-Klux-Klan im Süden
       der USA und an die Pogrome der Nazis gegen Juden erinnert“. Innenminister
       Anders Ygeman beklagte eine „beunruhigende Entwicklung“: „Rassistische
       Gruppen verbreiten Drohungen und Hass auf unseren Straßen. Dem muss mit
       aller Kraft begegnet werden.“
       
       Neben Äußerungen anderer PolitikerInnen, die die Rhetorik gegen Flüchtlinge
       deutlich verschärft hatten, war es der gleiche Anders Ygeman, der zwei Tage
       zuvor mit der Ankündigung von „Massenausweisungen“ der
       Möchtegern-Bürgerwehr eine Vorlage geliefert hatte, die diese gleich als
       willkommenen zusätzlichen Vorwand für die vermeintliche Rechtfertigung
       ihrer Menschenjagd gebrauchte.
       
       31 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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