# taz.de -- Ukrainisch-russische Beziehungen: Putins Mann auf Kurzbesuch in Kiew
       
       > Boris Gryslow, Berater des russischen Präsidenten, bereitet Gespräche zur
       > Lösung der Krise im Donbass vor – angeblich.
       
 (IMG) Bild: Prorussischer Kämpfer auf Patrouille in Donezk.
       
       Kiew taz | Erstmalig seit der Flucht des früheren ukrainischen Präsidenten
       Wiktor Janukowitsch im Februar 2014 hat ein hochrangiger russischer
       Politiker diese Woche die Hauptstadt Kiew besucht. Der ukrainische
       Präsident Petro Poroschenko persönlich hatte den Gast aus Russland, Boris
       Gryslow, einen engen Vertrauten von Präsident Wladimir Putin, nach Kiew
       eingeladen und damit das Landeverbot für russische Flugzeuge außer Kraft
       gesetzt.
       
       Sofort nach Bekanntwerden des Eintreffens von Gryslow, der Vorsitzender der
       russischen Staatsduma, Innenminister und Parteivorsitzender von „Einiges
       Russland“ war, beeilte sich das offizielle Kiew, die Bedeutung des Besuchs
       herunterzuspielen.
       
       Gryslow halte sich in seiner Eigenschaft als Vertreter Russlands bei den
       trilateralen Gesprächen von OSZE, Ukraine und Russland in Kiew auf. Seine
       Reise diene lediglich der Vorbereitung des für den 13. Januar angesetzten
       Treffens der Kontaktgruppe, wiegelte Alexei Makejew, Sprecher des
       ukrainischen Außenministeriums ab. Bilaterale Gespräche seien nicht
       geplant.
       
       Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Sofort nach seiner Ankunft
       traf sich Gryslow mit dem ukrainischen Expräsidenten Leonid Kutschma, der
       in der trilateralen Kontaktgruppe zur Regelung der Ukrainekrise die Ukraine
       vertritt. Am späten Dienstagabend folgte ein zweistündiges Gespräch des
       russischen Politikers mit Poroschenko.
       
       Beobachter in der Ukraine und in Russland sind sich einig, dass Gryslow mit
       seiner Reise Druck auf die ukrainische Führung ausüben wollte, die im
       Februar 2015 in Minsk vereinbarte Verfassungsänderung, die eine
       Dezentralisierung und einen Sonderstatus für den Donbass vorsieht, vom
       Parlament zeitnah verabschieden zu lassen.
       
       ## Krawalle vor dem Parlament
       
       Eine derartige Verfassungsänderung ist in der Ukraine allerdings
       umstritten. Am 31. August 2015 war es bei der ersten Lesung der Reform vor
       dem Parlament zu Krawallen gekommen, bei denen ein Polizist getötet wurde.
       Die Zeit drängt. Für den 21. Februar hat die „Volksrepublik Lugansk“ lokale
       Wahlen angesetzt, Donezk will am 20. April wählen lassen.
       
       Für Moskau sei die entscheidende Frage, so der ukrainische Politologe Wadim
       Karasew, ob Poroschenko die für die Verfassungsänderung erforderlichen 300
       Stimmen im Parlament zusammenbringt. Wenn ja, müssten auch die
       „Volksrepubliken“ die Wahlen absagen. Anschließend seien Wahlen im Donbass
       unter der Beobachtung der OSZE und auf der Grundlage ukrainischer Gesetze
       realistisch.
       
       Es könnte knapp werden. Bei der ersten Lesung hatten nur 265 Abgeordnete
       für das Autonomiegesetz gestimmt. Bereits jetzt haben die drei
       Oppositionsparteien, „Samopomotsch“, Timoschenkos Vaterlandspartei und die
       Radikale Partei, erklärt, dass sie mit Nein stimmen werden. Unterdessen
       tagte die trilaterale Kontaktgruppe zur Regelung des Ukrainekonflikts am
       Mittwoch turnusmäßig in Minsk. Es ist die erste Sitzung in diesem Jahr.
       
       14 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Donbass
 (DIR) Petro Poroschenko
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Frank-Walter Steinmeier
 (DIR)  taz на русском языке
 (DIR) Russland
 (DIR) Arseni Jazenjuk
 (DIR) Russland
 (DIR) Donbass
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Spanische Journalisten in der Ukraine: Wie Verbrecher behandelt
       
       Zwei spanische Reporter fliegen nach Kiew, um aus der umkämpften
       Donbass-Region zu berichten. Aber sie dürfen den Flughafen nicht verlassen.
       
 (DIR) Friedensabkommen für die Ukraine: „Fortschritte in Trippelschritten“
       
       Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine
       treffen sich. Die Ergebnisse sind mager, der politische Prozess stockt.
       
 (DIR) Minsker Friedensabkommen: Am Waldrand verläuft die Front
       
       Die Kleinstadt Marjinka im Donbass, die ukrainische Soldaten kontrollieren,
       ist fast täglich unter Beschuss durch pro-russische Kämpfer.
       
 (DIR) Russische Oppositionelle in der Ukraine: Statt Asyl droht die Auslieferung
       
       Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die ins Nachbarland
       fliehen, bleiben oft ohne Schutz. Denn Russland sei ein Rechtsstaat.
       
 (DIR) Politische Kultur in der Ukraine: Beleidigungen und fliegende Gläser
       
       Bei einer Sitzung kommt es zu einem handfesten Streit zwischen dem
       Gouverneur von Odessa Michail Saakaschwili und Innenminister Arsen Awakow.
       
 (DIR) Blackout auf der Krim: Strom und Gas als Waffen im Krieg
       
       Während der Krim der Strom gekappt wird, droht Moskau mit dem Stopp der
       Gaslieferungen. An Entspannung scheint niemand interessiert.
       
 (DIR) Waffenruhe in der Ostukraine: Zum Urlaub nach Donezk
       
       In der Ostukraine schweigen seit September die Waffen. Der Alltag in Donezk
       ist ruhiger geworden. Friedlich ist es noch lange nicht. Ein Besuch.