# taz.de -- Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Genuss in Zeiten der Fotomanie
       
       > Für ihn war das Fotografieren ein lussteigerndes Vorspiel, für sie war
       > die Inszenierung ihres Champagnermenüs das Ende der Genussreise.
       
 (IMG) Bild: Traute Zweisammkeit vor der Ess- und Fotoorgie.
       
       Achim und Rosi liebten sich und ihre Kurztrips zum Verwöhnen. Die „Shake,
       Cook und Enjoy Trilogie“ in die Pfalz sollte ihre letzte gemeinsame Reise
       werden. Bei „Champagner Träume“, dem fünfgängien Abschlussmenü, kam es zum
       Eklat. Schuld daran: seine Fotomanie.
       
       Schon beim Auftakt, Suppe aus gebratenem Blumenkohl, fein abgeschmeckt mit
       Ahornsirup und Thymian, wurde sie ungeduldig, weil Achim immer wieder mit
       dem Smartphone über der Suppe wedelte, um die Wiesenblüten-Dekoration
       richtig einzufangen, bis die Suppe völlig kalt geworden war. Rosi hasst
       kalte Suppen.
       
       Für ihn war das Fotografieren ein luststeigerndes Vorspiel, das dekorative
       servierte Mahl so schön, dass alle es irgendwann sehen sollten. Beim Tatar
       von der Königskrabbe mit gebratener Jacobsmuschel auf Avocadosalsa entglitt
       ihm das Smartphone in ihre Salsa. Und beim Atlantik-Steinbeißer,
       Winzerinnen-Art, mit Rahmsauerkraut, Trauben, Speck und würzigen Croutons
       bestand er darauf, dass sie die Croutons eigenhändig fürs Foto umdekoriere.
       
       Bei den geschmorten Ochsenbäckchen Bordelaise, mit gerösteten Rübchen und
       Steinpilzmousseline war ihr der Appetit vergangen. Sie rührte keinen Bissen
       mehr an, hielt sich lieber an den launigen Fruchtmix aus Mango, Grapefruit
       und Passionsfrucht und der feinmineralischen Note ihres Champagners. Die
       Tarte Tatin vom Boskop mit Sauerrahmeis und Gewürzquitten, die er unbedingt
       vor der roten Restaurantwand ins Bild setzen wollte, verschmähte sie. Still
       beobachtete sie seine Arrangements vor roter Wand.
       
       Aufgebracht hat sie offensichtlich der doppelte Espresso. Er ließ ihren
       Blutdruck ansteigen, sodass sie sein Smartphone wütend auf den Boden warf.
       Der Riss im Display ist irreparabel. Wie ihre Beziehung. Achim hat nun für
       Mai eine Fotsafari nach Namibia gebucht mit seiner alten Leica und in der
       Gruppe. Rosi macht eine Strickreise nach Island unter Frauen. Von Männern
       und Fotos hat sie genug.
       
       9 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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