# taz.de -- Lobbying und Protest beim Klimagipfel: Aktivisten unerwünscht
       
       > Während CEOs auf dem Klimagipfel ihre großen Reden schwingen, werden
       > Aktivisten von der Polizei abgeführt. Und kaum jemand kriegt es mit.
       
 (IMG) Bild: Harte Gangart: Ein Demonstrant wird während der Klimakonferenz aus dem Grand Palais in Paris geworfen.
       
       Der Preis für den absurdesten Satz des Weltklimagipfels geht bereits nach
       einer Woche an Jack Ma, Chef von Chinas größtem IT-Konzern Alibaba. Der
       stand am Wochenende auf der Bühne des „Action Day“ in einem weiten
       Konferenzsaal auf der COP 21, Ma und die Bühne hell erleuchtet, das
       Auditorium in angenehmen Döslicht, aber niemand nickte weg – Ma war on
       fire.
       
       „Das ist der Dritte Weltkrieg“, sagte er in Chinenglisch, auf der Bühne auf
       und ab pilgernd. „Der Krieg gegen Armut. Der Krieg gegen den Klimawandel.
       Der Krieg gegen Krankheiten“, Ma jetzt in Rage, er schließt mit dem Satz:
       „Wenn wir den Krieg verlieren, dann sterben wir alle.“
       
       Weltkrieg, in Europa, in Paris. Dann auch noch alle tot. Mist. Ma schaffte
       es nicht nur, den rhetorischen Atomkrieg auszulösen, er kombiniert seine
       Sätze auch noch mit der leersten Ankündigung des Gipfels: Er sei stolz zu
       verkünden, dass Alibaba heute hier und jetzt bekannt gibt, an diesem Krieg
       teilzunehmen, mit all seiner Technik. Weltklimagipfel ist Zeit der
       Konzernbosse. Nicht nur Ma weilte am Samstag in Paris, die CEOs gaben sich
       die Klinke in die Hand. Ihre Botschaft ist simpel: Klimawandel, das wird
       das ganz große Geschäft. Die Technik ist da. Lasst uns machen.
       
       Der Widerstand gegen diese Art von Kombination aus Wirtschaft und Politik
       ist da, wird aber kaum bemerkt. Und die Franzosen unterdrücken ihn, wo sie
       nur können. Am Freitag verkündeten Aktivisten ihren Unmut auf einer
       Ausstellung namens „Solutions COP 21“, eine Halle im Konferenzzentrum, in
       der Sponsoren ausstellen. Darunter der Energiekonzern GDF Suez, stolzer
       Besitzer von 30 Kohlekraftwerken oder der Agrarkonzern Avril, der laut der
       lobbykritischen Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) an der
       Entwicklung von genmanipuliertem Saatgut beteiligt ist.
       
       CEO listet auf, was man so bekommt als Sponsor. Für 30.000 Euro wird das
       Firmenlogo fett plakatiert und der Konzernboss darf mal auf einer
       Pressekonferenz auftreten – damit alle sehen, wie ernst ihm Klimaschutz
       ist. Für 250.000 Euro gibt es sogar einen exklusiven Abend mit politischen
       Entscheidungsträgern im Grand Palais.
       
       Widerstand also. Die US-Amerikanerin Kandi Mossett beispielsweise stellte
       sich am Freitag vor den Stand des Energiekonzern Suez. Der propagiert als
       Lösung für die Klimakrise Fracking, also Erdgas mit Chemikalien aus dem
       Boden pressen. Mossett ist laut und deutlich. Suez frackt in ihrer Heimat,
       sie sagt: „Die vergiften unsere Kinder und unsere Umwelt.“ Andere Redner
       prangern den Rest der Firmen an.
       
       Es dauert keine 30 Sekunden, bis die französische Polizei die Aktivisten
       herauszerrt. Viele Zivilcops sind da, teilweise Antiterroreinheiten.
       Behauptet zumindest Pascoe Sabido von CEO, der an der Aktion beteiligt war.
       „Die haben uns erwartet. In der Halle waren mehr Polizisten als Besucher“,
       sagt er. „Wir müssen sichergehen, dass Politiker nicht von den Unternehmen
       beeinflusst werden, die die Probleme verursachen“, sagt er. Sonst laufe man
       Gefahr, dass nicht das getan wird, was nötig ist.
       
       Sondern das, was laut Wirtschaft möglich ist. Die Kungelei zwischen Politik
       und Wirtschaft ist allerdings Normalzustand auf der COP. Immerhin: Den
       Aktivisten ist nichts passiert. Einer musste eine Strafe von 11 Euro
       zahlen. Dafür gibt es kampagnenfähige Bilder – für ein Problem, das sonst
       kaum einer wahrnimmt.
       
       6 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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