# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Tansania: Eine Wahl, zwei Wahlsieger
       
       > Der Regierungskandidat gewinnt laut Wahlkommission die Wahl. Der
       > Oppositionsführer erkennt das Ergebnis nicht an und erklärt sich zum
       > Sieger.
       
 (IMG) Bild: Ungewisser Ausgang: Protestierende Oppositionsanhänger in Sansibar.
       
       Berlin taz | Die ehemals sozialistische „Partei der Revolution“ (CCM), die
       Tansania seit der Unabhängigkeit 1961 regiert, bleibt an der Macht. Am
       Donnerstag erklärte die Wahlkommission CCM-Kandidat John Magufuli zum
       Sieger der Präsidentschaftswahl vom vergangenen Sonntag. Den amtlichen
       Zahlen zufolge erhielt der Politiker, der am gleichen Tag seinen 56.
       Geburtstag feierte, knapp 58,5 Prozent der Stimmen. Oppositionsführer
       Edward Lowassa, dessen Anhänger bei diesen Wahlen optimistischer gewesen
       waren als jemals zuvor bei einer tansanischen Wahl, verharrte bei lediglich
       knapp 40 Prozent.
       
       Bei der gleichzeitigen Parlamentswahl, in der die Sitze nach dem britischen
       Mehrheitswahlrecht verteilt werden, ist der CCM-Vorsprung noch deutlicher.
       Laut Wahlkommission lag die CCM nach Auszählung von 177 der 264 Wahlkreise
       bei 133 Mandaten und damit bereits bei der absoluten Mehrheit, die größte
       Oppositionspartei Chadema (Partei der Demokratie) bei nur 33 Sitzen.
       
       Ob diese Zahlen die Wirklichkeit widerspiegeln, wird von der Opposition
       bezweifelt. Lowassa weigerte sich am Nachmittag, das Ergebnisprotokoll der
       Präsidentschaftswahl zu unterzeichnen, und machte damit seine
       Nichtanerkennung seiner Wahlniederlage offiziell. Er warf der
       Wahlkommission vor, entgegen den Bestimmungen des Wahlgesetzes die
       vorliegenden Zahlen nicht vor ihrer Verkündung noch einmal überprüft zu
       haben, womit sie „illegal“ seien.
       
       In einer auf Facebook verbreiteten Erklärung reklamierte Lowassa 62 Prozent
       der Stimmen für sich. „Ich möchte die Wahlkommission bitten, zu verkünden,
       dass ich, Edward Ngoyai Lowassa, der Sieger der Präsidentenwahl der
       Vereinigten Republik Tansania bin“, sagte er. „Ich möchte den Bürgern dafür
       danken, dass sie an mich glauben und mich gewählt haben ... Ich werde bei
       eurer Suche nach euren demokratischen Rechten an eurer Seite stehen.“
       
       ## Hochgerüstete Polizei bezog Stellung
       
       Was daraus im historisch friedlichsten Land Ostafrikas folgt, blieb
       zunächst offen. Hochgerüstete Polizei bezog nach Lowassas Siegeserklärung
       in der Hauptstadt Daressalam Stellung. In Tansanias nördlichem Nachbarland
       Kenia hatte Anfang 2008 ein ähnlicher Streit um den Ausgang einer
       Präsidentschaftswahl, allerdings mit sehr viel knapperen Zahlen und einer
       Vorgeschichte politischer Gewalt, einen mehrmonatigen Bürgerkrieg mit über
       1.300 Toten ausgelöst.
       
       Bereits am Dienstag hatte Chadema der Wahlkommission „verbreitete
       Fälschung“ vorgeworfen und die Wahlen insgesamt als „Durcheinander“
       bezeichnet. Sie sagte, ihre eigenen Berechnungen der Ergebnisse aufgrund
       der veröffentlichten Zahlen aus den einzelnen Wahllokalen stimmten nicht
       mit denen der Wahlkommission überein, aber 166 ihrer Unterstützer,
       Computerexperten eingeschlossen, seien festgenommen worden. Vereinzelt
       wurde aus verschiedenen Orten im Land Gewalt gemeldet.
       
       Am Mittwoch waren die Wahlen im Teilstaat Sansibar – die Inseln im
       Indischen Ozean, die zusammen mit dem Festlandgebiet Tanganyika „Tansania“
       bilden – nach gewaltsamen Vorfällen annulliert worden; dort hatte ebenfalls
       die Opposition den Sieg reklamiert. Dies werde aber ohne Einfluss auf das
       Gesamtergebnis bleiben, hatte es von offizieller Stelle geheißen.
       
       Internationale Wahlbeobachter kritisierten die Annullierung auf Sansibar
       und sagten, die Abstimmung sei fair gewesen. Sie äußerten aber Kritik an
       der Arbeit der Wahlkommission in Tansania insgesamt. Auf einer
       Pressekonferenz in Daressalam warf die EU-Wahlbeobachtergruppe der
       Wahlkommission mangelnde Transparenz vor und sagte, der vorgesehene
       Einblick der Parteien in ihre Arbeit sei nicht ausreichend gewährleistet.
       
       29 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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