# taz.de -- Angela Merkel in der Türkei: Tausche Visa gegen Flüchtlinge
       
       > Bei ihrem Besuch in Istanbul verspricht Kanzlerin Angela Merkel
       > Visa-Erleichterungen und mehr Geld. Dafür soll die Türkei Flüchtlinge
       > zurücknehmen.
       
 (IMG) Bild: Merkel (l.) und Erdoğan im bescheidenen Ambiente des Yildiz-Palastes.
       
       Berlin taz | Visa-Erleichterungen und mehr Geld zur Flüchtlingsversorgung:
       Das versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag bei ihrem
       Besuch in der Türkei. Im Gegenzug soll die Türkei Flüchtlinge, die über ihr
       Territorium nach Europa kommen, zurücknehmen. Doch einen konkreten
       Beschluss gab es nicht.
       
       „Mit dem Besuch von Kanzlerin Merkel verbindet sich kein politisches,
       sondern ein humanitäres Anliegen.“ Dafür sei jeder Zeitpunkt richtig. So
       wies der türkische Regierungschef Ahmet DavutoğluKritik am Zeitpunkt des
       Besuchs der Kanzlerin aus Berlin zwei Wochen vor den Wahlen zurück.
       
       Auch Angela Merkel wollte den Vorwurf, sie leiste mit dem Besuch
       Wahlkampfhilfe, nicht auf sich sitzen lassen. „Es gibt Fragen die keinen
       Aufschub dulden“, befand sie während der Pressekonferenz im Anschluss an
       das Treffen mit ihrem türkischen Kollegen. Konkrete Informationen zu diesen
       drängenden Fragen gab es anschließend nur wenige. Die bessere
       Grenzsicherung in Richtung Griechenland und die Rücknahme von Flüchtlingen
       durch die Türkei sollen in einer Arbeitsgruppe weiter besprochen werden.
       
       Im Gegenzug sprach sich Merkel dafür aus, noch in diesem Jahr ein neues
       Kapitel im Beitrittsprozess der Türkei zur EU zu eröffnen und zwei weitere
       Kapitel für das kommende Jahr ins Auge zu fassen. Sie persönlich werde sich
       darüber hinaus dafür einsetzen, dass die Visavergabe innerhalb EU für
       türkischen Bürger erleichtert wird.
       
       Auch die Frage des sicheren Herkunftslands Türkei soll in der bilateralen
       Arbeitsgruppe weiter diskutiert werden. Schließlich versprach die Kanzlerin
       mehr Geld zur Betreuung der mehr als zwei Millionen syrischen Flüchtlinge:
       „Die Türkei möchte zusätzliches Geld, und das verstehe ich auch“, sagte
       sie. Deutschland werde seinen Beitrag dazu leisten.
       
       ## Sicherheitszone ist Sache der Nato
       
       Zu dem drängendsten Wunsch der türkischen Regierung, der Einrichtung einer
       Sicherheitszone in Syrien, wollte Merkel sich nicht konkret äußern. Das
       werde innerhalb der Nato besprochen, sagte sie. Davutoğlumachte deutlich,
       dass in dieser Frage ganz schnell etwas passieren müsse. Der Vormarsch der
       Truppen des Assad-Regimes auf Aleppo werde sonst dazu führen, dass erneut
       Hunderttausende Flüchtlinge Syrien verlassen werden.
       
       Vor ihrer Reise war Merkel in Deutschland wie in der Türkei scharf
       kritisiert worden. Grüne und Linke warfen ihr vor, mit dem Besuch Präsident
       Erdoğanund seine AK-Partei aufzuwerten. In der Türkei hatten hundert
       Professoren einen offenen Brief verbreitet, in dem die Kanzlerin
       aufgefordert wurde, die andauernden Menschenrechtsverletzungen in der
       Türkei zum Thema zu machen.
       
       Merkel kam dieser Aufforderung nicht nach und nahm zu innenpolitischen
       Fragen der Türkei keine Stellung. Sie sagte lediglich, sie hoffe, dass nach
       den Wahlen der Friedensprozess mit der kurdischen PKK wieder aufgenommen
       werde.
       
       Präsident Erdoğan,mit dem sie sich nach dem Gespräch mit Davutoğlutreffen
       wollte, hatte im Vorfeld des Besuchs kritisiert, dass die EU den Krieg in
       Syrien viel zu lange ignoriert habe. Außerdem kritisierte er, dass die EU
       nach wie vor nicht bereit sei, eine Mitgliedschaft der Türkei zu
       akzeptieren. Merkel hatte vor ihrer Abreise klar gemacht, dass sie eine
       Vollmitgliedschaft der Türkei nach wie vor ablehne.
       
       18 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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