# taz.de -- Kommentar Flüchtlinge vor Österreich: Zug um Zug
       
       > Österreich und Ungarn zeigen: Wenn jeder Staat seine eigene Politik
       > betreibt, wird das Flüchtlingsproblem nicht gelöst werden.
       
 (IMG) Bild: Nichts geht mehr im ungarischen Gyor – und das ist das kleinste Problem der europäischen Flüchtlingspolitik.
       
       Staus von 50 Kilometern Länge auf der Autobahn, Züge, die nicht über die
       Grenze gelassen werden. Die Flüchtlingsabwehr bedroht das Funktionieren des
       innereuropäischen Verkehrswesens. [1][Was sich am Montag im Mikrokosmos der
       österreichisch-ungarischen Grenze abspielte], könnte ein milder
       Vorgeschmack auf die Zustände sein, die drohen, wenn der Schengen-Vertrag
       außer Kraft gesetzt wird.
       
       Selbstverständlich dienen die flächendecken Kontrollen im Grenzbereich nur
       der Bekämpfung des Schlepperunwesens, wie Innenministerin Johanna
       Mikl-Leitner versicherte. Und dass der aus Budapest kommende Railjet voller
       Flüchtlinge von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) nicht übernommen
       wurde, hat ausschließlich mit dessen Überfüllung zu tun, wie die ÖBB
       argumentiert.
       
       Schon jetzt ist klar, dass die Kontrollen des rollenden Schwerverkehrs nur
       wenige Tage aufrechterhalten werden können. Strikte Überwachung als
       Dauerlösung würde die Kapazität der Polizei überstrapazieren und das
       Wirtschaftsleben empfindlich beeinträchtigen.
       
       Abgesehen davon muss die Frage gestattet sein: Kann man den kriminellen
       Schlepperringen effizienter das Handwerk legen, als wenn man Flüchtlingen
       die legale Einreise mit dem Zug ermöglicht?
       
       Egal, ob der Abzug der Polizei vom Budapester Ostbahnhof ein Revanchefoul
       gegen das von Österreich verursachte Verkehrschaos auf der Autobahn war
       oder ob das Massenlager auf dem Bahnhof einfach nicht mehr tragbar schien:
       Wenn jeder Staat seine eigene Politik betreibt, wird das Flüchtlingsproblem
       nicht gelöst werden.
       
       Das Dublin-Abkommen, das die Abschiebung in jenes Land erlaubt, wo ein
       Flüchtling erstmals EU-Boden betreten hat, ist gescheitert. Solange sich
       das die EU-Staaten nicht eingestehen und sich praktikable und
       menschenrechtlich verträgliche Lösungen einfallen lassen, werden wir
       weitere Schlagzeilen über Tod und Qualen auf der Flucht produzieren müssen.
       
       31 Aug 2015
       
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