# taz.de -- CDU-Mitglied über Gleichstellung: „Das letzte Feigenblatt“
       
       > Die lesbische-schwule Gruppe der CDU hat keine Lust, sich für die
       > politische Linie der Partei zu rechtfertigen – und nimmt nicht an
       > Christopher Street Days teil.
       
 (IMG) Bild: Warben kurz vor der Bundestagswahl 2013 wohl nicht um Stimmen für die CDU: Teilnehmer des Christopher Street Day in Hamburg.
       
       taz: Ist es Ihnen manchmal unangenehm, dass Sie CDU-Mitglied sind, Herr
       Röbcke-Gronau? 
       
       Christian Röbcke-Gronau: Wenn ich auf Community-Veranstaltungen bin,
       teilweise schon. Mir war schon immer bewusst, dass Schwule und Lesben in
       der Union für Gleichstellung kämpfen müssen. Ich verstehe mich als
       Vermittler zwischen der Community und der Partei. Aber in letzter Zeit ist
       es mir zunehmend unangenehm, ja.
       
       Wenn Sie sich als Vermittler verstehen, warum nehmen die Lesben und
       Schwulen in der Union (LSU) dann nicht an den Christopher Street Days im
       Norden teil? 
       
       Weil wir finden, dass sich auf Bundesebene zu wenig für die Rechte von
       Schwulen und Lesben bewegt. Anstatt uns sollten diejenigen aus der Partei
       auf den CSD-Demos Rede und Antwort stehen, die sich gegen die Gleichsetzung
       hetero- und homosexueller Partnerschaften sträuben. Es ist nicht fair, dass
       wir als LSU die verbalen Prügel für diese Politik kassieren.
       
       Sie wollen die Stadt- und Ortsverbände dabei unterstützen, einen Stand zu
       betreiben. Ist die CDU also doch beim CSD dabei? 
       
       Ich glaube nicht. Die Anmeldefrist ist abgelaufen. Die Resonanz war sehr
       gering.
       
       Ist die Stimmung innerhalb der Szene so schlecht, dass Sie tatsächlich mit
       Anfeindungen rechnen? 
       
       Man muss das trennen. Von den Aktivisten aus der Szene, von den Grünen, den
       Schwusos der SPD und von den Verbänden erfahren wir viel Respekt dafür,
       dass wir uns engagieren. Aber von den Besuchern werden wir schon sehr stark
       angegangen und angefeindet. Das geht soweit, dass die Leute gar nicht mehr
       zuhören, sondern einfach nur pöbeln. Da können wir keine vermittelnde Rolle
       mehr einnehmen.
       
       Was genau kritisieren Sie an der politischen Linie der CDU? 
       
       Ich kritisiere, dass sich die CDU nicht auf einen offenen Ehebegriff
       einlässt. Nach den letzten Äußerungen von Frau Merkel gehe ich davon aus,
       dass das Bundesverfassungsgericht und nicht das Parlament diese Situation
       auflösen wird. Das wäre schade, denn mein Verständnis von Politik ist, dass
       die Abgeordneten Gesetze selbst beschließen und nicht darauf warten, dass
       das Bundesverfassungsgericht entscheidet.
       
       Warum tut sich die Partei so schwer? 
       
       Die Frage stellen wir uns häufiger. Es gibt in großen Flächenländern
       natürlich eine strukturkonservative Basis, die am Ehebegriff zwischen Mann
       und Frau festhält und ihn stark mit dem Thema Kinder verbindet. Die
       Parteispitze hat ein sehr wachsames Auge auf diese Basis, weil man sich in
       anderen Themenbereichen schon liberaleren, um nicht zu sagen
       sozialdemokratischeren Ideen angeglichen hat. Deswegen ist die
       Gleichstellung böse gesagt das letzte Feigenblatt des Konservatismus.
       
       Hatten Sie selbst schon einmal Probleme in der CDU wegen Ihrer Sexualität? 
       
       Nein.
       
       Was fordern Sie von der Parteispitze? 
       
       Sie muss eine offene Debatte zu diesem Thema zulassen und auch das
       Adoptionsrecht mit diskutieren. Ganz konkret wünsche ich mir natürlich die
       Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebenspartner. Falls es da
       größeren Diskussionsbedarf gibt, könnte man in einem ersten Schritt
       zumindest die begriffliche Unterscheidung beibehalten. Aus
       materiell-rechtlicher Sicht müsste die Lebenspartnerschaft aber auf jeden
       Fall mit der Ehe gleichstellt werden.
       
       Also ist die sprachliche Diskriminierung für Sie in Ordnung? 
       
       Nein, aber ich würde mich zunächst auf diesen Kompromiss einlassen.
       
       Wäre es nicht sinnvoller, diese Forderungen öffentlich beim CSD zu
       vertreten, um die CDU unter Druck zu setzen, anstatt zu Hause zu bleiben? 
       
       Es darf nicht unsere Strategie sein, die Union einseitig unter Druck zu
       setzen. Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen und um Verständnis
       werben. Außerdem hat die Union nicht viel Interesse gezeigt, auf dem CSD
       vertreten zu sein. Dort Forderungen zu präsentieren, würde die Union nicht
       in Zugzwang bringen. Deshalb suchen wir die Diskussion.
       
       27 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Scharpen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Christopher Street Day (CSD)
 (DIR) LSU
 (DIR) CDU
 (DIR) Schwulen- und Lesbenpolitik
 (DIR) Ehe für alle
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
 (DIR) LSU
 (DIR) Christopher Street Day (CSD)
 (DIR) CSU
 (DIR) Ehe für alle
 (DIR) Mvgida
 (DIR) Gleichstellung
 (DIR) Christopher Street Day (CSD)
 (DIR) Homo-Ehe
 (DIR) Ehe für alle
 (DIR) Lesben
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Lesben und Schwule in der Union: LSU-Spitze kritisiert CDU/CSU
       
       Mit 95,4 Prozent wurde Alexander Vogt zum vierten Mal zum LSU-Vorsitzenden
       gewählt. Den Status der Partei findet er „stark verbesserungswürdig“.
       
 (DIR) Gay Pride mit türkischer Unterstützung: „Aus der Deckung trauen“
       
       Am diesjährigen Christopher Street Day nimmt erstmals auch die türkische
       Gemeinde Hamburg teil. Deren Vorsitzende will für Toleranz werben.
       
 (DIR) Diversity in Bayern: Liebende CSUler fahren beim CSD mit
       
       Beim Christopher Street Day in München wird es eine kleine Revolution
       geben. Zum ersten Mal ist ein Wagen von CSU-Mitgliedern dabei.
       
 (DIR) Kommentar Ehe für alle: Hoffnungsschimmer Merkel
       
       Der Bundesrat will die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Das
       ändert wenig. Aber vielleicht überrascht Merkel noch bei dem Thema.
       
 (DIR) Mecklenburg und Sachsen: Rechte Demos gegen Flüchtlinge
       
       Am Wochenende haben Asylgegner an mehreren Orten in Mecklenburg-Vorpommern
       und Sachsen demonstriert. In Leipzig flogen Steine auf die Polizei.
       
 (DIR) Adoptionsrecht für Homo-Paare: Wut und Sehnsucht
       
       Ehemann, Haus, Garten – diese Idylle hat sich Patrick Pronk gewünscht. „Es
       hat sich alles erfüllt“, sagt der Schwule. Alles, bis auf die Kinder.
       
 (DIR) Parade im Wendland: Wo es kein Zurück gibt
       
       Die schwulen Aktivisten Yartsev und Chunosov flohen aus Russland. Ihr Leben
       passte in zwei Koffer. Der CSD im Wendland ist für sie wie ein Heimspiel.
       
 (DIR) Berliner CDU stimmt gegen Homo-Ehe: Union lehnt Heiratsantrag ab
       
       Klares Ergebnis: Die Mitglieder der Berliner CDU lehnen mit 45 zu 35
       Prozent die Ehe für alle ab. Vor allem die Älteren stimmten mit Nein.
       
 (DIR) Union und die Ehe für alle: Blinde Politik
       
       Die Ehe für alle ließe sich gerade mit konservativen Begründungen
       durchsetzen. Aber die CDU und Angela Merkel sind dafür zu feige.
       
 (DIR) Lesben und Schwule in der Union: Mehr Rechte für die „Gayle Truppe“
       
       Die Union wird laut Medienbericht homofreundlicher. Die Gruppe der Lesben
       und Schwulen in der Partei soll aufgewertet werden. Nicht alle erfreut das.