# taz.de -- Schwarze Flaschensammler angegriffen: Rassismus-Verdacht beim „Hurricane“
       
       > Der Veranstalter des Open-Air-Festivals wollte ein gutes Werk tun, als er
       > sein Leergut einer wohltätigen Organisation zudachte. Das ging daneben.
       
 (IMG) Bild: Leergutsammler auf dem Festivalgelände
       
       HAMBURG taz | Beim Hurricane-Musikfestival am vergangenen Wochenende in
       Scheeßel ist es zu unangenehmen Zwischenfällen gekommen. Bei der
       Durchsetzung eines Pfandsammelverbots kam es offenbar zu Übergriffen
       gegenüber schwarzen Pfandsammlern. Der Veranstalter hatte das auf
       Zeltplätzen anfallende Dosenpfand der Trinkwasser-Initiative „Viva con
       agua“ zur Verfügung gestellt, sogenannten „gewerblichen Sammlern“ dagegen
       das Sammeln untersagt.
       
       Das organisierte Sammeln von Leergut habe in den vergangenen Jahren
       unangenehme Ausmaße angenommen und viele Besucher belästigt, sagte Julia
       Baer. Sie arbeitet für die Hamburger Konzertagentur FKP Scorpio und war auf
       dem Hurricane-Festival unter anderem zuständig für den Pfandrücklauf.
       
       Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, habe man das Pfand in diesem
       Jahr von freiwilligen „Lotsen“ sammeln lassen und „Viva con agua“ zur
       Verfügung gestellt. Das Verbot war vorab in den Sicherheitshinweisen auf
       der Internetseite des „Hurricane“ veröffentlicht worden. Dabei wurde das
       Sammeln über „festivalübliche“ Mengen hinaus untersagt.
       
       Wo diese Menge endet, dazu äußerte sich FKP Scorpio nicht eindeutig. Um die
       unerwünschten gewerblichen Sammler von sammelnden Festivalbesuchern zu
       unterscheiden, waren Ordner an den Pfandsammelautomaten platziert, auch
       konnten dort jeweils nur bis zu 50 Dosen auf einmal abgegeben werden;
       mehrmaliges Anstehen war jedoch erlaubt. Baer zufolge ließen sich
       gewerbliche Sammler dennoch identifizieren, da „man ja irgendwann die
       Gesichter kennt, wenn sie sich ständig anstellen“.
       
       ## Harsch angegangen
       
       Doch bis dahin haben es offenbar viele Sammler gar nicht geschafft. Sie
       waren in der Hoffnung gekommen, sich wie in den vergangenen Jahren ein paar
       Euros zuverdienen zu können. Mehrere schwarze Flüchtlinge schilderten
       gegenüber der taz, wie sie bereits kurz nach Betreten des Geländes, noch
       mit leerem Müllsack, von Ordnern gestellt und harsch angegangen worden
       seien.
       
       Einer berichtet, sogar getreten worden zu sein. Ihnen war demnach erklärt
       worden, anders als früher sei das Sammeln verboten, sie hätten das Areal zu
       verlassen. Vor dem Eingang zum Festivalgelände seien sie dann von der
       Polizei erneut zum Gehen aufgefordert worden, obwohl sie sich dort bloß
       aufgehalten hätten, ohne zu sammeln – so wie Hunderte weiterer
       Festivalbesucher.
       
       Abgenommen worden seien ihnen die selbst gekauften
       „Hurricane“-Eintrittsbänder – 150 Euro teuer – und ersetzt durch gelbe
       Armbänder, mit denen sich die Betroffenen am nächsten Tag ein neues Ticket
       hätten holen sollen. Das aber habe dann nicht funktioniert: Sie seien von
       Kasse zu Kasse geschickt worden und am Ende auf den Kosten sitzengeblieben.
       
       Sie fühlten sich aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert, aber auch zu einer
       vermeintlichen Gruppe zusammengefasst und als angeblich organisierte
       Sammler stigmatisiert. Für die Betroffenen, mit denen die taz sprach, ist
       das Pfandsammeln einer der wenigen unregulierten Bereiche des
       gesellschaftlichen Lebens, der es ihnen etwa ermögliche, ihre Familien zu
       Hause zu unterstützen. Vom Festival-Veranstalter zeigten sie sich
       enttäuscht.
       
       ## Rassistische Besucher
       
       Doch nicht nur unter einigen Mitarbeitern des Festivals scheinen die
       informellen Sammler wenig beliebt gewesen zu sein: Auch von Seiten der
       Besucher kam es zu rassistischen Ausfällen. Bei Facebook schimpften etwa
       zwei User über die „schwarzen Sammler“, die ihnen „langsam auf den Sack“
       gingen. Einer bedankte sich bei der Security für das Vertreiben und
       wünschte sich, ihnen würden beim nächsten Mal „die Hände abgehackt“. Das
       würde man „da drüben“ schließlich auch so machen.
       
       Laut Baer war es nicht das Ziel des Veranstalters, einzelne Sammler des
       Geländes zu diskriminieren. Man habe mit den Regelungen nur auf das
       organisierte Pfandgewerbe abgezielt. Auch „Viva con agua“ hat auf ein
       friedliches Miteinander mit den Pfandsammlern gehofft: Claudia Gernsdorf,
       Sprecherin des gemeinnützigen Vereins, sagte, man sei über das Verbot im
       Vorhinein gar nicht informiert worden. Zu den von FKP Scorpio aufgestellten
       Regeln wolle man sich aber nicht wertend äußern. Beiden seien während des
       Festivals keinerlei Zwischenfälle aufgefallen.
       
       25 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristof Botka
       
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