# taz.de -- Flaschen sammeln: Ab in die Kiste
       
       > Um den Bahnhof Zoo sollen es Flaschensammler einfacher haben. Ob das neue
       > Projekt wirklich hilft, ist aber umstritten.
       
 (IMG) Bild: Eine Pfandflasche ist bestimmt dabei.
       
       Bisher gab es sie in Berlin und anderen Städten vor allem durch private
       Initiativen: Pfandkisten, in die leere Flaschen gestellt werden, damit
       SammlerInnen sie mitnehmen können. Ein am Mittwoch begonnenes Pilotprojekt
       des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf und der Berliner Stadtreinigung
       (BSR) bringt die Pfandkisten nun ganz offiziell ins Stadtbild: Vier Kisten
       wurden rund um den Bahnhof Zoo angebracht, sechs Monate soll das Projekt
       evaluiert werden. Danach könnten weitere Kisten aufgestellt werden.
       
       „Mit dem Projekt wollen wir helfen, das Schicksal der Menschen etwas zu
       lindern und menschenwürdiger zu gestalten“, sagt Sozialstadtrat Carsten
       Engelmann (CDU). Auf der Bezirksverordnetenversammlung wurde das Projekt
       beschlossen, durchgeführt wird es von dem sozialen Träger Trias in
       Zusammenarbeit mit Langzeitarbeitslosen, die in die Entwicklung der Kiste
       sowie in die Projektevaluation einbezogen werden. Das Flaschensammeln solle
       durch das Projekt „einfacher und hygienischer“ werden, so Engelmann.
       
       Zunächst habe man mit Getränkekisten experimentiert, sagt
       Trias-Geschäftsführer Silvio Schelinski. „Da hatten wir aber das Problem,
       dass die kompletten Kisten abmontiert wurden, weil die ja auch Pfand
       bringen.“ Deshalb habe man sich für ein anderes Modell entschieden:
       Rechteckige Metallkästen mit schrägen Fächern, in die die Pfandflaschen
       hineingelegt werden können.
       
       Die nächsten Monate sollen die Kisten von Trias-MitarbeiterInnen beobachtet
       werden: Wer nutzt sie, wie oft, wie verändert sich das Pfandsammeln? „Wir
       hoffen natürlich auch, dass die Kisten die Menschen davon abbringen, die
       Mülleimer zu durchwühlen“, sagt BSR-Sprecher Thomas Klöckner.
       
       Dieser Aspekt sei nicht zu unterschätzen, sagt der Soziologe Fabian Kraus,
       der sich wissenschaftlich mit dem Phänomen Pfandsammeln beschäftigt hat. Er
       findet für die Kisten auch kritische Worte: „Es geht dabei auch darum, die
       Ordnung in der Innenstadt wiederherzustellen, die durch die Flaschensammler
       gefährdet wird“, sagt Kraus. Fraglich sei, ob die Perspektive derjenigen,
       um die es geht, genügend mitgedacht werde: „Für den einzelnen Sammler
       können die Kisten bedeuten, dass die Konkurrenz und der Druck wachsen.“
       Denn je leichter zugänglich die Flaschen, desto geringer die Hemmschwelle
       auch bei denjenigen, die sonst nicht sammeln.
       
       Kraus betont, dass entgegen verbreiteter Ansicht die wenigsten Menschen aus
       rein finanzieller Not heraus sammeln würden. „Natürlich geht es auch ums
       Geld, aber die Menschen beginnen diese Tätigkeit oft eher aus einer
       sozialen Not heraus“, sagt Kraus. Dabei gehe es um eine Strukturierung des
       Alltags und um das Bedürfnis, durch eine eigene Tätigkeit zum
       Lebensunterhalt beizutragen.
       
       Projekte zum Thema Pfandsammeln sollten diese Bedürfnisse mehr beachten,
       anstatt die Sammler zu reinen AlmosenempfängerInnen zu machen, sagt Kraus.
       Einen sinnvollen Rahmen sieht er dafür etwa in der Plattform „Pfandgeben“,
       auf der sich PfandsammlerInnen eintragen und dann für die Abholung
       angerufen werden können.
       
       Dass die Kisten möglicherweise auch Nachteile haben, wird bei dem
       Pilotprojekt indes ernst genommen, sagt der Projektleiter Frieder Söling.
       „Wir wollen sehr genau beobachten, ob sich die Gruppe der Sammler
       verändert, ob die Konkurrenz größer wird“, sagt er. Auch die Sammler selbst
       sollen befragt werden, was sie von den neuen Kisten eigentlich halten.
       
       6 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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