# taz.de -- Hamburgs Airport zeigt an: Strafen für Pfandsammler
       
       > Wer Bahnhöfe und Flughäfen nach Flaschen durchstöbert, wird bestraft.
       > Hamburgs Airport erstattete im Vorjahr 97 Anzeigen.
       
 (IMG) Bild: Bahnhöfe sind Fundgruben für Pfandflaschensammler – wenn man sie denn lässt.
       
       HAMBURG taz | Gesetze und Regeln gelten für alle Menschen gleichermaßen,
       heißt es. So ist es Armen und Reichen an manchen Orten gleichermaßen
       verboten, in Mülleimern nach Pfandflaschen zu wühlen. Auch müssen sowohl
       Arme als auch Reiche mit kostspieligen Strafanzeigen rechnen, wenn sie
       gegen diese Verbote verstoßen.
       
       Allein der Flughafen Hamburg stellte im vergangenen Jahr 97 Strafanträge
       gegen Flaschensammler, die gegen ein zuvor ausgesprochenes Hausverbot
       verstoßen hatten. Die allermeisten waren aber wohl eher arm.
       
       Das Straßenmagazin Hinz & Kunzt hatte in seiner Onlineausgabe über einen
       seiner Verkäufer berichtet, der sich zur Aufbesserung seiner finanziellen
       Lage immer wieder im Flughafen auf die Suche nach Pfandgut gemacht hatte.
       Ein aus diesem Grund ausgesprochenes Hausverbot ignorierte er, woraufhin
       der Betreiber des Flughafens, der zu 51 Prozent der Stadt gehört, den
       Wohnungslosen anzeigte.
       
       Flaschensammeln sei am Flughafen untersagt, um einen „ungestörten Betrieb“
       zu gewährleisten und den Fluggästen einen „angenehmen Aufenthalt“ zu
       ermöglichen, rechtfertigt Stefanie Harder, die Sprecherin des Hamburger
       Flughafens, das Verbot. Oft bleibe es nicht beim alleinigen
       Flaschensammeln. „Passagiere werden aktiv angesprochen und bedrängt“,
       behauptet Harder. Das Sicherheitspersonal spreche allerdings in den meisten
       Fällen nicht sofort ein Hausverbot aus, sondern belasse es bei einer
       Verwarnung.
       
       Flughäfen sind bei Flaschensammlern ein beliebtes Ziel, weil viele Reisende
       vor dem Abflug ihre Pfandflaschen in den Mülleimern entsorgen. Auch an
       stark frequentierten Bahnhöfen lohnt sich das Sammeln besonders. Genau das
       sind aber die Orte, an denen die privaten Betreiber den Sammlern die Suche
       nach dem kostbaren Pfand oft verbieten.
       
       Auch die Deutsche Bahn schreckt nicht davor zurück, mit dem Strafrecht
       gegen die meist mittellosen Pfandsammler vorzugehen. An allen Bahnhöfen im
       Bundesgebiet sei das Pfandsammeln untersagt, auch um „ästhetischen Aspekten
       anderer Bahnhofsnutzer Rechnung zu tragen“, sagt eine Bahn-Sprecherin.
       
       Die Bahn sehe das „subjektive Sicherheitsgefühl der Bahnhofsbesucher“ durch
       die „Problemklientel“ der Pfandsammler gefährdet: „Erschwerend zeigen
       wissenschaftliche Studien sowie eigene operative Erfahrungen, dass das
       Tolerieren von Problemklientel meist zu zusätzlichem Anstieg von weiterer
       Problemklientel führt, welche das Erscheinungsbild des Bahnhofs zunehmend
       verschlechtern“, sagt die Sprecherin.
       
       ## Gift fürs Selbstwertgefühl
       
       Erwischten die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes jemanden wiederholt beim
       Durchsuchen der Mülleimer auf den Bahnsteigen, erteilten sie dem
       Pfandsammler ein zwölfmonatiges Hausverbot. Bei Missachtung drohe eine
       Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Weder die Bahn noch die Bundespolizei
       führen nach eigenen Angaben allerdings Statistiken darüber, wie viele
       solcher Strafanzeigen 2014 auf den Bahnhöfen im Norden gestellt wurden.
       
       Solche Anzeigen seien Gift für das Selbstwertgefühl der meist fleißigen
       Flaschensammler, sagt der Sozialarbeiter von Hinz & Kunzt, Stephan
       Karrenbauer. „Diese Menschen tun alles dafür, sich legal über Wasser zu
       halten.“ Es sei „pervers“, wenn ihre Tätigkeit dann auch noch
       kriminalisiert werde, findet er: „Sie haben ja niemandem etwas Böses
       getan.“
       
       Dass es auch anders geht, zeigt der Flughafen Bremen: Dort werden
       Flaschensammler geduldet. Ob der „angenehme Aufenthalt“ der Fluggäste
       dadurch beeinträchtigt werde, hänge „sicherlich von der Anzahl und dem
       Verhalten der Flaschensammler ab“, sagt Flughafensprecherin Andrea
       Hartmann. „Bei Beschwerden spricht unser Servicepersonal die entsprechende
       Person an und bittet um Rücksicht.“ Mit Strafanzeigen muss am Bremer
       Airport jedenfalls niemand rechnen.
       
       Der Hamburger Flughafen wollte die Anzeige gegen den Hinz & Kunzt-Verkäufer
       nicht zurücknehmen, obwohl dieser inzwischen gar keine Pfandflaschen mehr
       sammelt. „Gott sei Dank verdiene ich inzwischen genug Geld, um zu
       überleben“, sagt er. Nun hat der Mann jedoch Angst, ins Gefängnis zu
       müssen.
       
       29 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benjamin Laufer
       
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