# taz.de -- Räumungsurteil gegen Berliner Umsonstladen: Alles umsonst in Mitte?
> Gericht verurteil eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, den Umsonstladen
> in der Brunnenstraße zu räumen. Diese GbR existiert gar nicht, sagen die
> AktivistInnen, und zweifeln das Urteil an.
Schon häufiger funkten die MitarbeiterInnen des Umsonstladens in der
Brunnenstraße SOS. Doch diesmal sieht es wirklich trübe aus für den
Stadtteilladen, in dem Geld keine Rolle spielt. Die Kollektivisten haben am
Donnerstag einen wichtigen Prozess gegen den Hauseigentümer verloren, nun
steht die Räumung ins Haus. Schon in wenigen Wochen könnte der
Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen und damit das Ende dieses
Tauschgeschäfts besiegeln.
Seit nunmehr sieben Jahren kann in die Räume in der Brunnenstraße 183 in
Mitte jeder seine ausgedienten Sachen bringen, damit sie jemand anders, der
sie brauchen kann, mitnimmt - gratis, versteht sich. Betrieben wird der
Laden ehrenamtlich vom Informationsladen Dritte Welt. So dachten die
MitarbeiterInnen.
Doch diese Auffassung teilte die Richterin nicht. Der Umsonstladen habe
nicht zuletzt durch einen Internetauftritt eine Außenwirkung und sei für
den Tausch von Gebrauchtwaren weit über die Grenzen der Rosenthaler
Vorstadt bekannt, so die Richterin. Der politische Zweck reiche aus, um als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufzutreten, auch wenn damit keine
Profitinteressen vertreten würden. Eine Schenkung sei schließlich auch ein
Rechtsgeschäft. Mit der GbR bestehe aber kein Mietvertrag. Deswegen die
Räumung.
Damit folgte das Gericht der Annahme des Eigentümers Manfred Kronawitter,
der den Umsonstladen als GbR auf die Herausgabe des Ladengeschäfts
verklagte. Das will Manuela Pieper als Vorsitzende des Informationsladens
Dritte Welt nicht akzeptieren. Eine GbR existiere nicht, sagt sie. Und auch
nach der Verhandlung bleibt ungeklärt, wer sich hinter dieser Gesellschaft
verbirgt. Die Betreiber verstehen sich als Kollektiv mit wechselnden
Unterstützern.
Im Gerichtssaal, in dem etwa 15 Unterstützer mit T-Shirts mit der
Aufschrift "Wir sind alle der Umsonstladen" saßen, konnte auch die
Richterin keine Gesellschafter ausmachen. Sie ließ den Kläger Kronawitter
ein Versäumnisurteil beantragen. Dem Gerichtsvollzieher droht bei seinem
Auftauchen im Umsonstladen Gleiches wie der Richterin, meinte Vera Hacke,
die den Umsonstladen vor Gericht vertrat. Er müsse schließlich nachweisen,
wer Besucher im Laden sei und wer Gesellschafter, und das könne schwierig
werden.
Die Verhandlung gegen den Laden war indes nicht die einzige gegen das
Hausprojekt. Manfred Kronawitter überzieht auch die Bewohner seit Monaten
mit einer regelrechten Anzeigenflut und führt gegen elf Personen
zivilgerichtliche Prozesse um die Herausgabe der Wohnungen. In einem Fall
hat das Gericht seine Klage abgewiesen, in vier Fällen hat er Recht
bekommen; drei weitere Verfahren sind indes noch offen, darunter ein
Härtefall: Der 81-Jährige Alfred Kulhanek wohnt am längsten in dem Haus.
Der Tscheche hat in Deutschland keinen Anspruch auf Sozialleistungen und
bekommt nur eine geringe Rente. Was geschieht dann mit ihm, fragen sich die
MitbewohnerInnen. Kulhanek könne sich keinesfalls eine neue Wohnung nehmen.
Der Eigentümer Manfred Kronawitter plant in dem Haus in der Brunnenstraße
zwar ein Mehrgenerationenprojekt, die derzeitigen sozialschwachen Bewohner
spielen in seinen Plänen aber offenbar keine Rolle.
22 Jan 2009
## AUTOREN
(DIR) Stefan Otto
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