# taz.de -- Razzia: 100.000 Euro für 31 Adressen
> 550 Polizisten durchsuchen über vier Stunden das Hausprojekt
> Brunnenstraße 183. Das Ergebnis des Großeinsatzes: die Namen der
> Bewohner. Die braucht der Eigentümer, um die Mieter rauszuklagen
So viel Brimborium um ein Haus: Ein Großaufgebot von etwa 550 Polizisten
hat am Mittwoch Morgen das Haus Brunnenstraße 183 durchsucht. Dort befinden
sich ein linkes Wohnprojekt sowie der Berliner Umsonstladen. Dutzende von
Polizeiwannen standen ab 7 Uhr zwischen Rosenthaler Platz und Weinbergspark
und blockierten für mehr als vier Stunden den Morgenverkehr auf der
Hauptverkehrsader vom Berliner Norden in die Innenstadt. Selbst der
U-Bahn-Zugang war zeitweise abgesperrt. Die Bilanz der Großrazzia: 31
Personen, die laut Polizei, ohne Widerstand zu leisten, ihre Personalien
abgaben.
Seit Mitte der 90er-Jahre wird das Gebäude als linkes Hausprojekt genutzt.
Neben Wohngemeinschaften befindet sich im Erdgeschoss des Vorderhauses der
Umsonstladen - ein Projekt, in dem die Nutzer Güter umsonst abgeben und
entgegennehmen. Die Bewohner wollten das Haus Anfang 2006 selbst
ersteigern. Doch der damalige Eigentümer, die Eurohypo Bank, verkaufte es
an den Passauer Arzt Manfred Kronawitter.
Der will dort ein Wohnprojekt für alte Menschen errichten. Schon seit rund
einem Jahr versucht er die Bewohner aus dem Haus zu treiben. Nach Angaben
der Mieter hat Kronawitter "eine Flut von Räumungsklagen" eingereicht.
Um diese ordnungsgemäß einreichen zu können, muss er jedoch erst einmal
wissen, wer in dem Haus wohnt. Offenbar konnte er beim Amtsgericht
Tiergarten einen Durchsuchungsbeschluss erwirken mit dem Ziel, an die Daten
der Bewohner zu gelangen. "Die Maßnahme war überfällig", sagte Kronawitter
gestern. Selbst bei Verhandlungen am runden Tisch mit Vertretern von
Bezirks- und Senatsverwaltungen seien die meisten Bewohner anonym
geblieben. "Aus diesem Grund blieb kein anderer Weg als die
Personenfeststellung."
"Wir wussten ja nicht, was uns erwartet", rechtfertigte eine
Polizeisprecherin den Großeinsatz. Es habe durchaus möglich sein können,
dass den Beamten Fallen gestellt würden. Sie betonte, dass es sich bei der
Durchsuchung "lediglich" um die Feststellung der Personendaten gehe. Das
Haus werde nicht geräumt. Die Polizei habe Hinweise darauf, dass in dem
Haus eine Reihe von Menschen wohnen, die dazu nicht berechtigt seien. Dies
wolle man nun überprüfen.
Das sei absurd, sagte die Rechtsanwältin Vera Hacke, die die Bewohner des
Hauses vertritt. Die lebten dort alle rechtmäßig. Es existierten
Mietverträge, von denen die meisten mit dem Vorbesitzer mündlich
abgeschlossen wurden. Um die Mieter loszuwerden, verweigere Kronawitter die
Mietannahme. Momentan werde das Geld auf ein Konto gezahlt, von dem es
jederzeit abgerufen werden könne, versicherte die Rechtsanwältin.
Die Grünen kritisierte den Großeinsatz als überzogen. "Delikat ist auch,
dass die Polizei nichts Besseres zu tun hat, als mit 600 Mann die
Interessen einer Privatperson zu schützen", erklärte der Grünen-Abgeordnete
Benedikt Lux. Seit Jahren beschwere sich die Polizei über zu wenig
Personal. Dieser Einsatz zeige, dass falsche Schwerpunkte gesetzt würden.
Die Kosten des laut Polizei exakt 4 Stunden und 39 Minuten dauernden
Großeinsatzes schätzte ein Sprecher gestern auf rund 100.000 Euro. Dabei
seien alle Nebenkosten eingerechnet.
2 Aug 2007
## AUTOREN
(DIR) Felix Lee
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