# taz.de -- Swift-Abkommen abgelehnt: Keine Bankdaten an die USA
       
       > Mit 378 gegen 196 Stimmen hat das Europaparlament das umstrittene
       > Swift-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an die USA abgelehnt.
       
 (IMG) Bild: EU-Innenkommissarin Malmstroem hatte das Abkommen verteidigt.
       
       BRUESSEL/STRASSBURG afp/dpa/taz/reuters | Trotz massiven Drucks aus den USA
       und einigen EU-Mitgliedsländern hat das Europaparlament am Donnerstag das
       Swift-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an US-Fahnder gekippt. 378
       Parlamentarier stimmten gegen Swift, 196 dafür. Zuvor hatte die
       konservative EVP-Fraktion eine Verschiebung der Abstimmung beantragt, auch
       dies lehnte das Parlament ab.
       
       Der grüne Europaparlamentarier Jan Philipp Albrecht sprach von "einem
       großen Tag für Grundrechte und Demokatie in Europa" und einem "Wendepunkt
       in der internationalen Sicherheitszusammenarbeit". Die Swift-Ablehnung
       weise "weg vom 'Kampf gegen den Terrorismus', hin zu einer demokratisch
       kontrollierten EU auf Basis rechtsstaatlicher Prinzipien".
       
       Der FDP-Politiker Alexander Alvaro kommentierte, die EU sei "gegen den
       Ausverkauf der Bürgerrechte und für mehr Sicherheit der Bürger".
       
       In den vergangenen Jahren war die Swift-Debatte von einer
       zivilgesellschaftlichen Lobby, vor allem aus den Kreisen um das Blog
       netzpolitik.org, [1][begleitet worden]. netzpolitik.org-Gründer Markus
       Beckedahl hat die zivilgesellschaftliche Anti-Swift-Kampagne entscheidend
       vorangetrieben und ist nach der heutigen Abstimmung sehr zufrieden. "Sieg!
       SWIFT-Abkommen ist von EU-Parlament abgelehnt worden!" [2][twitterte er].
       Beckedahl sieht die heutige Abstimmung auch als Ergebnis der "engagierten
       Arbeit vieler Blogger und Aktivisten", die sich "an den Protesten beteiligt
       und EU-Abgeordnete im Vorfeld kontaktiert" hätten.
       
       Auch Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) hat das Aus für das
       Swift-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an die USA als "einen guten Tag
       für den Datenschutz und die europäische Demokratie" bezeichnet und noch
       einmal deutlich gemacht, dass "die Zeit der Hinterzimmerpolitik der Staats-
       und Regierungschefs endlich vorbei sein" müsse.
       
       Die Parlamentarier waren in der vergangenen Woche vor allem von den USA
       stark unter Druck gesetzt worden. Unter anderem schrieben Außenministerin
       Hillary Clinton und Finanzminister Timothy Geithner an Parlamentspräsident
       Jerzy Buzek. Auch Spanien (EU-Ratsvorsitz) sowie die EU-Kommission hatten
       in der vergangenen Woche massiv für die Vereinbarung zur Weitergabe von
       Daten europäischer Bankkunden an US-Terrorfahnder geworben.
       
       Der Innenausschuss des Europaparlamentes hatte dem Plenum vor einer Woche
       empfohlen, die Vereinbarung zu kippen. Obwohl die Ablehnungsfront
       abgebröckelt war, hatte sich sich nach wie vor eine knappe Mehrheit gegen
       das Abkommen abgezeichnet.
       
       Das Europaparlament macht mit diesem Votum erstmals von seinem
       Mitspracherecht bei allen Verträgen der EU mit Drittstaaten Gebrauch.
       Dieses Recht ist im EU-Reformvertrag von Lissabon verankert, der seit 1.
       Dezember gilt.
       
       Offen war, ob es wirklich zu einer Entscheidung des Parlaments kommen
       würde, da die konservativ-christdemokratische EVP-Fraktion eine
       Verschiebung der Abstimmung beantragt hatte. Dies war vom Parlament
       ebenfalls abgelehnt worden.
       
       Die EVP-Fraktion war sich nicht einig, ihre deutschen CDU/CSU-Mitglieder
       neigten noch vor den Abstimmungen zu einem Nein. "Nach meinen Erfahrungen
       muss man bei Verhandlungen mit Amerikanern bis zum Schluss knallhart
       bleiben. Wenn man ihnen den kleinen Finger reicht, steht man bald mit einem
       amputierten Arm da", hatte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber gesagt. Nach
       den Worten der Christdemokraten hatten sie die Abstimmung verschieben
       wollen, um das Gesprächsangebot der amerikanischen Regierung aufzugreifen,
       sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Werner Langen.
       
       Am Mittwoch hatte der spanische Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba im
       Europaparlament noch gesagt, ohne das Abkommen gäbe es weniger Sicherheit
       für die europäischen Bürger: "Wenn Sie dieses Abkommen ablehnen, werden wir
       alle etwas weniger sicher leben", warnte Rubalcaba. Rubalcaba verwies auch
       darauf, dass die Polizei nach den Anschlägen von 2004 in Madrid Swift-Daten
       nutzte. Auch seien mithilfe von Swift-Daten Attentate in den USA verhindert
       worden.
       
       Auch die neue EU-Kommissarin für Innen- und Justizpolitik, Cecilia
       Malmström hatte das Abkommen verteidigt. Es gebe detaillierte Vorgaben für
       die Verwendung der Daten. Diese dürften im übrigen nur bei "begründetem
       Verdacht" an die USA geliefert werden. Insgesamt werde nur ein "sehr
       kleiner Bruchteil" der Daten des Finanzdienstleisters SWIFT mit Sitz in
       Belgien übermittelt. Wie zuvor Rubalcaba räumte auch Malmström ein, dass
       die fragliche Vereinbarung nicht die "bestmögliche" sei. Die geplante
       definitive Vereinbarung solle besser werden.
       
       Swift-Kritiker monieren, dass die Vereinbarung den europäischen Datenschutz
       verletzt und Bürger keine Möglichkeit haben, vor Gericht gegen den
       Missbrauch ihrer Daten zu klagen. Zudem habe das Parlament zu wenig
       Mitspracherechte gehabt. Sozialisten, Grüne und Liberale hielten weiter an
       ihrer Ablehnung fest.
       
       "So weit meine Fraktion betroffen ist, werde ich die Ablehnung empfehlen",
       hatte der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz vor der
       Abstimmung gesagt. Die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel nannte die
       Stimmungsmache der USA zur Rettung des Interimsabkommens übertrieben.
       "Swift ist kein unersetzliches Instrument."
       
       Die Swift-Gegner im Parlament planen nach dem Scheitern der Vereinbarung im
       Europaparlament innerhalb weniger Wochen mit den USA ein langfristiges
       Abkommen aushandeln, das europäische Datenschutzstandards enthält.
       
       11 Feb 2010
       
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