# taz.de -- Konferenz der Innenminister: Knallhart gegen Gewalt
> Die Innenminister der Länder planen härtere Strafen für Gewalt gegen
> Polizisten, die "besonderen Schutz" genießen sollen. Die Justizministerin
> sieht das allerdings anders.
(IMG) Bild: Gegen linke Gewalt, gegen Rockerbanden: Die Innenminister der Ländern kündigten bei ihrer Tagung in Hamburg härteres Vorgehen an.
HAMBURG taz | Es war eine gediegene Atmosphäre, in der die Innenminister
von Bund und Ländern tagten. Das Hotel Grand Elysée an der
Rothenbaumchaussee hatten sie sich für den Donnerstag ausgesucht, den
großen Festsaal des Hamburger Rathauses für den Abschluss ihrer Konferenz
am Freitag.
Herausgekommen sind dabei dennoch Forderungen, wie man sie von
Innenministern erwartet: mehr Härte gegen Linksextremisten, mehr Härte
gegen Rockergangs, eine schärfere Bekämpfung der Internetkriminalität,
besserer Schutz von Polizisten vor Gewalttätern.
In den Mittelpunkt rückten die Innenminister ihre Forderung nach einer
"offenen Ächtung linker Gewalt durch alle Teile der Gesellschaft".
Rechtsextreme Straftaten seien gleichbleibend hoch geblieben, sagte
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). "Besonders besorgt uns der
Anstieg der Kriminalität von Linksextremisten." Er kündigte an,
"Gewalttäterstrukturen" und Internetseiten der linken Szene genauer in den
Blick zu nehmen. Zudem wollen die Innenminister einen besseren Austausch
von Daten über "linksextremistische Gefährder und relevante Personen"
zwischen den Ländern - bei bestimmten Anlässen, etwa internationalen
Gipfeln, auch europaweit. Dazu kommen weitere Maßnahmen, die gerade vom
Bundeskriminalamt (BKA) erarbeitet werden (siehe Text unten).
Besonders scharf gab sich bei dem Thema Hessens Innenminister Volker
Bouffier (CDU), designierter Nachfolger von Roland Koch als
Ministerpräsident. Es gelte seit vielen Jahren als "Pflichtprogramm", sich
gegen Rechtsextremismus auszusprechen, sagte er. Darüber sei "die
Massivität der Gewalt von links" aus dem Blick geraten.
Gleichzeitig einigten sich die Innenminister auf ein schärferes Vorgehen
bei Gewalt gegen Polizisten. "Der Respekt vor den Institutionen unseres
Staates" müsse wieder hergestellt werden, sagte der diesjährige Vorsitzende
der Innenministerkonferenz, Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU).
Laut einer aktuellen Studie hat die Gewalt gegen Polizisten in den
vergangenen fünf Jahren deutlich zugenommen. Dabei spielen allerdings
Angriffe bei Demos eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu alltäglichen
Angriffen auf Streifenbeamte, etwa durch Betrunkene.
"Polizisten schützen die Freiheit, das Leben und das Eigentum der Bürger",
sagte Bundesinnenminister de Maizière. Deshalb müssten sie einen
"besonderen Schutz" genießen. Zuvor war Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) den Innenministern aber schon
entgegenkommen. So soll nach einem überarbeiteten Gesetzentwurf Widerstand
gegen Vollstreckungsbeamte mit einer Höchststrafe von drei Jahren Haft
anstatt wie bisher zwei Jahren bestraft werden können.
Allerdings holte die Justizministerin gleichzeitig zu einem Rundumschlag
gegen die Hardliner in der Union aus. Sie kritisierte in einem Interview
die "überhitzte Debatte", die von dem Problem ablenke, "dass die
Unions-Landesinnenminister Polizeipersonal einsparen und auf symbolische
Gesten setzen". Tatsächlich sind Polizisten schon jetzt kein Freiwild. Bei
schwerer Körperverletzung drohen auch heute schon bis zu zu zehn Jahre
Haft.
Ein "Zweiklassenstrafrecht", das Polizisten höher bewerte als
Bankangestellte oder Bauarbeiter, lehnt Leutheusser-Schnarrenberger
vehement ab. Und der Streit geht weiter. Denn die Innenminister fordern
auch einen besseren Schutz für Feuerwehrleute und Rettungssanitäter, was
der Gesetzentwurf der FDP-Ministerin bisher nicht vorsieht.
Die Innenminister wollen außerdem der Kriminalität durch Rockergangs "mit
allen rechtlichen Mitteln" entgegentreten. Auf ein bundesweites Verbot der
Banden wird allerdings im Moment verzichtet. Das habe aber nichts mit dem
demonstrativen Friedensschluss zwischen den Hells Angels und Bandidos kurz
vor der Innenministerkonferenz zu tun, beteuerte der Hamburger Innensenator
Ahlhaus. "Medial inszenierte Friedenspfeifen interessieren die
Innenminister wenig", sagte er.
29 May 2010
## AUTOREN
(DIR) Wolf Schmidt
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Linksradikale Broschüre prisma: Mit Pattex zum Nobelkarossentod
Bei den Sicherheitsbehörden sorgt eine 80 Seiten lange militante Broschüre
für Aufregung. Dort werden Basteltipps für Brandsätze gegeben – und
Ratschläge, wie man davon kommt. Wer sind die Autoren?
(DIR) Strafanzeigen wegen Widerstands: Verletzte Polizisten gesucht
Der Innenausschuss diskutiert über Gewalt gegen Polizisten. Es zeigt sich:
genaue Daten fehlen.
(DIR) Kommentar Strafverschärfung: Ein berüchtigter Paragraf
Die Konsequenzen für Opfer von Polizeiübergriffen werden mit der geplanten
Starfverschärfung noch härter. Und das nur zur Imagepflege der
Innenminister.
(DIR) Innenminister durchleuchten Journalisten: Journalisten-Check rechtens
Von Journalisten zu verlangen, sich vor Terminen der Innenministerkonferenz
durchleuchten zu lassen, ist rechtens, sagt das Verwaltungsgericht.
(DIR) Verfeindete Rockerbanden: Ein bisschen Frieden
Die Motorradrockergangs Hells Angels und Bandidos inszenieren medienwirksam
das Ende ihrer blutigen Fehde - einen Tag bevor die Innenminister über ein
Verbot beraten.
(DIR) Innenministerkonferenz: Reisefreiheit für Flüchtlinge gefordert
Die Innenminister diskutieren auf ihrer Konferenz die Residenzpflicht für
Asylbewerber. Brandenburg hatte den Antrag dazu gestellt – dort dürfen sich
Asylbewerber schon bald frei bewegen.
(DIR) Rocker im Fokus: Nicht jeder Rocker fährt Moped
Bei den Gangs Bandidos und Hell's Angels eskaliert die Auseinandersetzung.
Innenministerkonferenz diskutiert demnächst über ein Verbot der
Organisationen.