# taz.de -- Obama feuert McChrystal: Das Ende des Karrieregenerals
> Nach einem spöttischen Interview wird der Nato-Oberbefehlshaber im
> Afghanistan-Krieg, Stan McChrystal, vom US-Präsidenten entlassen. Ein
> Nachfolger steht schon fest.
(IMG) Bild: Hat sich selbst ins Abseits manövriert: Stan McChrystal.
WASHINGTON taz | Was den Taliban in Afghanistan nicht gelungen ist, hat ein
Musikmagazin geschafft: Der Nato-Oberbefehlshaber und
Vier-Sterne-US-General im Afghanistan-Krieg, Stanley McChrystal, ist außer
Gefecht gesetzt. US-Präsident Barack Obama hat ihn am Mittwoch entlassen.
Nachfolger von McChrystal in Afghanistan soll der bisherige Chef des
US-Zentralkommandos, David Petraeus, werden, teilte das Weiße Haus mit. Die
Entlassung ist die Konsequenzen von spöttischen und kritischen Äußerungen
des Generals über die US-Regierung.
Obama bestellte den General am Mittwoch zunächst zum Rapport ins Weiße
Haus. Nach einem knapp 30-minütigen Gespräch mit McChrystal fand eine
Strategie-Sitzung über Afghanistan und Pakistan im Situation Room statt. 21
politische und militärische Verantwortliche nahmen teil. McChrystal
hingegen, dessen Name auch auf der vom Weißen Haus verteilten
TeilnehmerInnenliste stand, kam nicht.
Der General und seine engsten militärischen Mitarbeiter hatten in einem
Interview mit einem Reporter von "Rolling Stone" über die politische Spitze
in Washington vom Leder gezogen. Unter anderem sprachen sie über die
"Feiglinge" im Weißen Haus, nannten US-Vizepräsident Joe Biden: "Bite me" -
"Leck mich", sagten über den US-Sondergesandten Richard Holbrooke: "Schon
wieder eine Mail von Holbrooke, ich mag sie gar nicht öffnen" und über
Präsident Obama "nicht gut vorbereitet".
Reporter Michael Hasting zitiert diese Dinge in einem langen Portrait von
McChrystal – Titel: "Der unkontrollierte General" – das in dieser Woche im
"Rolling-Stone" erscheint. Der Artikel befasst sich ebenfalls mit der
schwachen Unterstützung der afghanischen Zivilbevölkerung für die
US-Truppen vor der angekündigten Schlacht um die Taliban-Hochburg Kandahar.
Präsident Obama sprach von einem "schwachen Urteilsvermögen" bei seinem
General. Zugleich versuchte der Präsident, den Konflikt zu
entpersonalisieren und auf eine höhere Ebene zu hieven. Stunden vor seiner
Entscheidung sagte Obama: "was ich tue, ist bestimmt durch den Mut und die
Opferbereitschaft der Männer und Frauen in Afghanistan. Sie machen unser
Land sicherer."
McChrystal entschuldigte sich für seine Äußerungen und bot seinen Rücktritt
an. Zugleich erklärten der afghanische Präsident Hamid Karzai und
Nato-Generalsekretär Fogh Rasmussen ihre Unterstützung für den General,
dessen Strategie in Afghanistan sie für die richtige halten. Auch ein Neffe
des afghanischen Präsidenten machte einen Rettungsversuch für den General.
Hekmat Karzai sagte gegenüber BBC: "man muß verstehen, dass er und seine
Leute ihre Äußerungen in einem formlosen Kontext getan haben. So etwas
gehört zur militärischen Kultur".
Mit den Äußerungen, die sie bei Drinks taten, haben McChrystal und seine
Mitarbeiter eine Grundregel verletzt, die jedeR SoldatIn zu Beginn seiner
Karriere lernt: EinE SoldatIn widerspricht nicht den politisch
Verantwortlichen oder anderen Vorgesetzten. Und erst recht nicht
öffentlich. Der 55-jährige Vier-Sterne-General mit dem schwachen
Urteilsvermögen hat zusätzlich zur Grundausbildung sämtliche Stufen der
militärischen Hierarchie durchwandert und unter anderem die "Special
Forces" - die Killer-Kommandos im Irak-Krieg - befehligt. Im Sommer 2009
beförderte Obama ihn zum Kommandeur der ISAF-Truppen in Afghanistan.
Für Obama war die Entscheidung über McChrystals Verbleib ein Dilemma. Der
Präsident befindet sich in einer "lose-lose-Situation" diagnostizierte das
Time-Magazin. Obama stand vor der Alternative, entweder einen General zu
halten, der öffentlich gegen ihn spottet. Oder einen General zu entlassen,
den er selbst eben erst ernannt hat.
Die vorherrschende militärische Einschätzung von McChrystal in Afghanistan
ist positiv: Obwohl er keine militärischen "Siege" vorzuweisen hat, gilt er
bei Militärs als Mann, der für eine bessere Organisation der
internationalen Truppen, sowie ihrer afghanischen Helfer gesorgt hat.
23 Jun 2010
## AUTOREN
(DIR) Dorothea Hahn
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