# taz.de -- Reaktion auf McChrystal-Rauswurf: Erleichterung und Zweifel
       
       > Präsident Karsai setzte sich noch für McChrystal ein, doch mit der
       > Ernennung von David Petraeus ist man zufrieden. Die Bevölkerung bleibt
       > skeptisch.
       
 (IMG) Bild: Sein Einsatz für McChrystal hat nicht geholfen: Afghanistans Präsident Hamid Karsai.
       
       BERLIN/KABUL taz | Afghanistans Regierung bedauert den Rauswurf Stanley
       McChrystals, ist aber über die Ernennung von David Petraeus als Nachfolger
       erleichtert. "General McChrystal war ein feiner Soldat und ein Partner des
       afghanischen Volkes", sagte Waheed Omar, der Sprecher von Präsident Hamid
       Karsai, der Nachrichtenagentur AP. "Aber wir glauben, General Petraeus wird
       auch ein vertrauenswürdiger Partner sein."
       
       Vergeblich hatte sich Karsai bei Barack Obama für McChrystal eingesetzt.
       Ein Wechsel sei in dieser kritischen Zeit nicht hilfreich, so Sprecher
       Omar. Karsai hatte zu McChrystal ein viel besseres Verhältnis als zum
       US-Botschafter Karl Eikenberry oder zu US-Sonderbotschafter Richard
       Holbrooke. Diese halten Karsai für unfähig und korrupt und setzten ihn
       wiederholt unter Druck, was zu Streit führte. McChrystal dagegen stand
       öffentlich immer loyal zu Karsai.
       
       Zudem war McChrystal in den Augen der afghanischen Führung der erste
       Isaf-Chef, der sich ernsthaft bemühte, die Zahl ziviler Opfer zu
       verringern. Dafür änderte er die Einsatzregeln. McChrystal entschuldigte
       sich auch deutlicher und schneller als seine Vorgänger, wenn doch
       Zivilisten umkamen. Gemeinsam mit Karsai besuchte McChrystal umkämpfte
       Provinzen. Dass verlieh dem eher machtlosen Präsidenten dort eine gewisse
       Statur. "Er hat immer mit uns gesprochen und hörte uns zu", sagte Khalid
       Pashtoon, Mitglied im Sicherheitsausschuss des afghanischen Parlaments.
       
       "Wir kennen General Petraeus", gab sich am Donnerstag Karsais Sprecher Omar
       jedoch zuversichtlich. "Er kennt das Land. Er kennt die Strategie. Er ist
       die am besten informierte Person." Dass die Wahl auf den Chef des US
       Central Command gefallen sei, bezeuge das Bekenntnis für Afghanistan. Der
       Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, General Zaher Azimi,
       nannte laut Reuters folgende Erwartungen an Petraeus: "Wir erwarten von
       ihm, dass er McChrystals Analyse folgt, die zu einer Reduzierung ziviler
       Opfer geführt hat, die Zahl der Festnahmen und Hausdurchsuchungen
       reduzierte und auf einer Absprache der Operationen beruhte."
       
       Die Kabuler Tageszeitung Hasht-e Sobh, die zivilgesellschaftlichen Gruppen
       nahe steht, zeigte sich am Donnerstag besorgt über die "tiefen Differenzen
       in der US-Führung". Das könne "Probleme im Krieg gegen den Terror"
       hervorrufen. Die ebenfalls unabhängige Zeitung Daily Afghanistan schreibt,
       "McChrystal ist gegen Aufständische und Terroristen vorgegangen und hat
       gleichzeitig die afghanische Regierung zufriedengestellt - obwohl
       Terrorangriffe zugenommen haben."
       
       In der Bevölkerung ist man skeptisch. Ein Kabuler Einwohner sagte, in
       seiner Heimatprovinz, wo unter McChrystal eine neue Militärbasis errichtet
       wurde, sei dessen neue Strategie nicht zu erkennen. "Die Hausdurchsuchungen
       sind weitergegangen. Dabei gibt es bei uns keine Waffen." Seit dem Bau des
       Stützpunktes habe die Gewalt sogar zugenommen.
       
       Wenig überraschend kündigten die Taliban eine Fortsetzung ihres Kampfes an:
       "Es ist uns egal, ob es McChrystal oder Petraeus ist," sagte
       Taliban-Sprecher Jusuf Ahmadi am Donnerstag der Agentur AFP. "Unsere
       Position ist klar: Wir werden die Eindringlinge bekämpfen, bis sie das Land
       verlassen."
       
       Nader Nadery von der unabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission
       fürchtet psychologische Folgen. Denn es entstehe der Eindruck, die
       Nato-Mission werde nicht von einem geeinten Team geführt, sondern von
       einem, das sich bekämpfe. "Die Taliban werden versuchen den Eindruck zu
       erwecken, dass dieses Team gar nicht gewinnen kann, weil es zerstritten
       ist."
       
       25 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
 (DIR) Thomas Ruttig
       
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 (DIR) Wehrpflicht
       
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