# taz.de -- Spottender Nato-Oberbefehlshaber: Obama ruft General zum Rapport
> US-Präsident Obama erwägt die Absetzung von Nato-General McChrystal. Weil
> der General in einem Musikmagazin über die US-Regierung spottete, muss er
> nun im Weißen Haus vorsprechen.
(IMG) Bild: Mag die Mails von Holbrooke nicht: US-General McChrystal.
BERLIN taz | Dass der Krieg der Nato gegen die Taliban nicht so läuft wie
in westlichen Hauptstädten und Militärstäben erhofft, zeigt sich auch an
den Spannungen hinter den Kulissen. So ist der Nato-Oberbefehlshaber in
Afghanistan, der US-General Stanley McChrystal, jetzt vom US-Präsidenten
ins Weiße Haus zitiert worden. Er soll dort am Mittwoch Rede und Antwort
stehen.
Barack Obama ließ das Schicksal seines Generals Stanley McChrystal nach
Interview-Äußerungen offen. Er werde erst direkt mit ihm sprechen, bevor er
über die Zukunft seines Top-Kommandeurs im Afghanistan-Krieg entscheide,
sagte Obama. McChrystal habe ein "schlechtes Urteilsvermögen" gehabt, als
er die kritischen Aussagen machte.
Der General hatte sich am Dienstag für Äußerungen über US-Politiker und
Diplomaten entschuldigt, mit denen er in einem Artikel zitiert wird. Das
Musikmagazin "Rolling Stone" veröffentlicht diese Woche ein Porträt
McChrystals ("Der unkontrollierte General"), in dem er sich abfällig äußert
über US-Vizepräsident Joe Biden ("Wer ist das?"), den US-Botschafter in
Afghanistan, Karl Eikenberry, und den US-Sondergesandten Richard Holbrooke
("Schon wieder eine Mail von Holbrooke, ich mag sie gar nicht öffnen").
Auch Obama wird als enttäuschend beschrieben.
McChrystal entschuldigte sich am Dienstag in Kabul und sagte, seine
Äußerungen entsprächen nicht seinen "Prinzipien von persönlicher Ehre und
Integrität". Der asketische General und Biden hatten bei Besprechungen im
Weißen Haus gegensätzliche Positionen vertreten. Zwar setzte sich
McChrystal mit seiner Forderung nach mehr US-Truppen durch. Doch war
seitdem seine Offensive in Helmand nicht erfolgreich. Und eine für die
Provinz Kandahar geplante Offensive musste er verschieben.
Auch in London gibt es Friktionen über den Kurs am Hindukusch. Das führte
am Montag, als Großbritannien seinen 300. toten Soldaten in Afghanistan zu
beklagen hatte, zur Flucht aus der Verantwortung eines Hauptakteurs. Der
Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Sherard Cowper-Coles, ließ
sich plötzlich beurlauben. Er kehre erst im Herbst ins Außenamt zurück,
hieß es dort. Auf welchen Posten, sei unklar. Am 20. Juli soll in Kabul
eine Folgetreffen der Londoner Afghanistan-Konferenz stattfinden.
Cowper-Coles amtierte seit 2009 und war Botschafter in Kabul gewesen. Er
ist sehr für Verhandlungen mit den Taliban und geriet deshalb mit
US-Vertretern aneinander. Sein Nachfolger als britischer Botschafter, Mark
Sedwill, ist jetzt ziviler Nato-Botschafter in Kabul, vertritt aber
US-freundlichere Positionen.
22 Jun 2010
## AUTOREN
(DIR) Sven Hansen
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