# taz.de -- Verbot der Hilfsorganisation IHH: Deutsche Spenden an Hamas
       
       > Innenminister de Maizière verbietet den Verein IHH, der die
       > radikalislamische Hamas mit 6,6 Millionen Euro unterstützt haben soll.
       > Dahinter sollen Funktionäre der Milli Görüs stecken.
       
 (IMG) Bild: Durchsucht und beschlagnahmt: der Hauptsitz der "Internationalen Humanitären Hilfsorganisation" (IHH) in Frankfurt am Main.
       
       BERLIN taz | Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die
       "Internationale Humanitäre Hilfsorganisation" (IHH) mit Sitz in Frankfurt
       am Main wegen Unterstützung der radikalislamischen Hamas verboten. Laut
       Sicherheitskreisen soll der Verein von Funktionären der "Islamischen
       Gemeinschaft Milli Görüs" gesteuert worden sein.
       
       Die IHH habe "unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe" Zuwendungen an
       Sozialvereine der Hamas in Millionenhöhe geleistet, teilte de Maizière mit.
       Organisationen, die sich gegen das Existenzrecht Israels richteten, hätten
       ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit verwirkt. Dabei sei es unerheblich, dass
       das Geld an Hamas-Sozialvereine gegangen sei, da dies "die
       Terrororganisation als Ganzes" unterstütze.
       
       Milli Görüs ist mit 300 Moscheen die größte islamistische Organisation in
       Deutschland, nach eigenen Angaben hat sie 57.000 Mitglieder. Sie wird vom
       Verfassungsschutz beobachtet, gilt aber als gewaltfrei und "legalisitisch".
       
       Zwischen der IHH und Milli Görüs gibt es enge personelle Verflechtungen.
       Wie die taz aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll das entscheidende
       Leitungsgremium der IHH, das Kuratorium, ausschließlich aus aktuellen und
       früheren Milli-Görüs-Funktionären bestehen. Mit dabei: Generalsekretär Oguz
       Ücüncü und der frühere Generalsekretär und heutige Vorsitzende des
       Islamrats, Ali Kizilkaya.
       
       Den Islamrat hatte Innenminister de Maizière jüngst von der Islamkonferenz
       der Regierung ausgeschlossen, weil die Staatsanwaltschaft unter anderem
       gegen Milli-Görüs-General Ücüncü wegen des Verdachts der Bildung einer
       kriminellen Vereinigung ermittelt.
       
       Laut Sicherheitskreisen soll die IHH insgesamt 6,6 Millionen Euro über
       sechs Organisationen an die Hamas transferiert haben, zwei davon sollen
       direkt zur Hamas gehören, die vier anderen diese unterstützen. Der
       Verfassungsschutz geht davon aus, dass das Geld in den Milli-Görüs-Moscheen
       im ganzen Land gesammelt worden ist. Über 3 Millionen Euro sollen aus einer
       "Opfertierkampagne" von Milli Görüs direkt der IHH zur Verfügung gestellt
       worden sein.
       
       Trotzdem könne man Milli Görüs als Massenorganisation nach Angaben aus
       Sicherheitskreisen nicht als Ganzes zur Verantwortung ziehen, weil die IHH
       nur von zehn bis 15 Funktionären gesteuert wurde. Dies könne man nicht
       Milli Görüs als Organisation zurechnen, hieß es.
       
       Ücüncü nannte das Verbot der IHH gegenüber der taz "politisch falsch,
       rechtsstaatlich bedenklich und moralisch verwerflich" und kündigte an,
       dagegen zu klagen. Die IHH habe keine Terroristen unterstützt, sondern
       "humanitäre Hilfe" geleistet, sagte er.
       
       Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag,
       kritisierte das Verbot als "falsch". Er teilte mit: "Organisationen, die
       humanitäre und soziale Hilfe für die Palästinenserinnen und Palästinenser
       leisten, bedürfen der Unterstützung der Regierung nicht ihres Verbots."
       
       Der nun verbotene Verein trägt dieselbe Abkürzung wie die türkische IHH,
       die die umstrittene Schiffsflotte in den Gazastreifen organisiert hatte.
       Bei der Erstürmung eines der Schiffe Ende Mai durch israelische
       Streitkräfte waren neun Aktivisten getötet und sieben israelische Soldaten
       verletzt worden. Mit an Bord waren drei Politiker der Linkspartei.
       
       In einer Resolution des Bundestags von Anfang Juli war von "Hinweisen" die
       Rede, "dass manche der Organisatoren der Flotte über Verbindungen zur
       radikalislamistischen Hamas" verfügten. Die deutsche IHH hatte gleich nach
       der Aktion betont, die Gaza-Flotte nicht mitorganisiert zu haben. Man
       unterstütze sie aber inhaltlich.
       
       Beide Organisationen sind nicht direkt miteinander verbunden, laut
       Sicherheitskreisen haben sie jedoch gemeinsame Wurzeln. Die IHH wurde
       demnach 1992 in Freiburg gegründet, spaltete sich fünf Jahre später aber in
       eine deutsche und eine türkische Organisation. Heute sehen Islamexperten
       keine personellen Verbindungen zwischen der deutschen und der türkischen
       IHH, wohl aber ideologische: Eben, dass beide Teil der Milli-Görüs-Bewegung
       sind.
       
       Die Ermittlungen gegen die deutsche IHH liefen ein Jahr. Auslöser war eine
       Anzeige wegen Geldwäscheverdachts. Am Montag durchsuchte die Polizei in
       einer Großrazzia 29 Objekte, darunter der Sitz des Vereins in Frankfurt,
       die Milli-Görüs-Zentrale in Kerpen bei Köln sowie Privaträume zahlreicher
       Funktionäre und Mitarbeiter in Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, um
       das Verbot durchzusetzen. Dabei wurden große Mengen Akten und Datenträger
       sowie Vereinsvermögen einschließlich einer Immobilie in Frankfurt am Main
       beschlagnahmt.
       
       12 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) S. am Orde
 (DIR) W. Schmidt
       
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