# taz.de -- Roma-Verfolgung in Europa: Deutschland leistet Beihilfe
       
       > Amnesty International kritisierte Deutschland für die Abschiebungen von
       > Roma in das Kosovo. Dort werden sie massiv diskriminiert, die
       > Arbeitslosigkeit liegt bei fast 100 Prozent.
       
 (IMG) Bild: Zugang zu Schulbildung wird ihm wohl verwehrt bleiben: Roma-Junge im Kosovo.
       
       BERLIN taz | Es sei wirklich selten, dass Amnesty International sich gegen
       die Abschiebung einer ganzen ethnischen oder nationalen Gruppe ausspreche,
       sagt Imke Dierßen, Roma-Expertin der Menschenrechtsorganisation. "Aber in
       dieser Frage sind unsere Rechercheergebnisse eindeutig: Es ist für Roma
       nicht möglich, im Kosovo ein würdevolles Leben zu führen."
       
       Wenn sie aus Deutschland in das Kosovo abgeschoben werden, seien sie dort
       massiver Diskriminierung in allen Lebensbereichen ausgesetzt, schreibt
       Amnesty in einem neuen Bericht. Roma hätten im Kosovo größte
       Schwierigkeiten, eine Registrierung zu erhalten, sagt Imke Dierßen. Diese
       ist wiederum eine Voraussetzung für grundsätzliche Lebensstandards: etwa
       das Anmieten einer Wohnung, die Einschulung von Kindern oder die Chance auf
       Gesundheitsversorgung. Die Arbeitslosigkeit sei im Kosovo generell hoch,
       aber unter Roma liege sie bei fast 100 Prozent.
       
       Doch auch Sozialhilfe sei für sie fast nicht zu erhalten. "Es gibt
       keinerlei Maßnahmen, aus Deutschland zurückkehrende Roma zu integrieren",
       sagt Imke Dierßen. Auch der Zugang zu Schulen sei ihnen meist verwehrt.
       Nach einer Umfrage von Unicef hätten 75 Prozent der aus Deutschland in das
       Kosovo abgeschobenen Kinder seit ihrer Rückkehr keine Schule mehr besucht.
       
       Trotz der Situation ist der Anteil der Flüchtlinge aus dem Kosovo, die in
       Deutschland als solche anerkannt werden, mit 0,6 Prozent extrem niedrig.
       Weitere 2,4 Prozent dürfen zunächst bleiben, weil Abschiebehindernisse
       festgestellt werden. Bei den Ablehnungen würden sich die Behörden stets
       darauf berufen, dass die ethnisch motivierte Gewalt in den vergangenen
       Jahren abgenommen habe.
       
       Nun weist Amnesty allerdings darauf hin, dass die Diskriminierung von Roma
       im Kosovo alle Lebensbereiche umfasse und so massiv sei, dass Roma nach
       internationalen Standards ebenfalls als politisch Verfolgte gelten müssen.
       Sowohl in der EU-Qualifikationsrichtlinie, die in allen EU-Mitgliedstaaten
       gültig ist, als auch in der Genfer Flüchtlingskonvention wird vielfältige
       und massive Diskriminierung in mehreren Lebensbereichen als eine Form von
       politischer Verfolgung angesehen.
       
       "Nach EU-Recht sollten Minderheiten vor so einer Situation geschützt
       werden", sagt Dierßen. Entgegen der EU-Richtlinie würden die deutschen
       Behörden die schwere Diskriminierung jedoch nicht als Asylgrund einstufen.
       Und auch die Innenminister der Länder seien nicht bereit, die Abschiebung
       in das Kosovo aus humanitären Gründen zu stoppen. Bisher hätten lediglich
       Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen angekündigt, die Abschiebung von
       Roma dorthin etwas zurückhaltender zu gestalten.
       
       1 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karin Schädler
       
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