# taz.de -- Ruandischer Milizenführer verhaftet: Von der Blutspur eingeholt
       
       > Zuerst in Deutschland, jetzt in Paris: Mit Callixte Mbarushimana wurde
       > erneut ein Hutu-Milizenführer wegen gemeinsamer Terrorpläne für den Kongo
       > verhaftet.
       
 (IMG) Bild: In Paris verhaftet: Callixte Mbarushimana, politischer Führer der ruandischen Miliz FDLR.
       
       Der wichtigste politische Führer einer der brutalsten Milizen der Welt ist
       in Haft. Callixte Mbarushimana, Exekutivsekretär der ruandischen Hutu-Miliz
       FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), wurde am Montag in Paris
       aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH)
       festgenommen. Am Donnerstag soll er einem Haftrichter vorgeführt werden, um
       die Auslieferung nach Den Haag zu veranlassen.
       
       Mbarushimana hat seit der Verhaftung des FDLR-Präsidenten Ignace
       Murwanashyaka in Deutschland im November 2009 die Organisation faktisch
       geführt und aus Paris Befehle an die FDLR-Einheiten im Osten der
       Demokratischen Republik Kongo erteilt. Die FDLR ist die
       Nachfolgeorganisation jener ruandischen Armee und jener Hutu-Milizen, die
       1994 den Völkermord an den Tutsi in Ruanda mit über 800.000 Toten begingen
       und die danach in den Kongo geflüchtet waren. In ländlichen Gebieten
       Ostkongos stationiert und straff militärisch gegliedert, sollen ihre
       Kämpfer für zahlreiche Verbrechen verantwortlich sein.
       
       Noch am 26. August 2010 hatte Mbarushimana in einer Presseerklärung
       dementiert, dass FDLR-Truppen für eine Reihe von Massenvergewaltigungen im
       Distrikt Walikale Ende Juli und Anfang August verantwortlich gewesen seien.
       Zu dem Zeitpunkt hatte allerdings der Chefankläger des Strafgerichtshofs
       bereits einen Haftbefehl gegen Mbarushimana erbeten.
       
       Der wurde am 28. September ausgestellt und blieb unter Verschluss. Jetzt
       veröffentlicht, nennt er elf Anklagepunkte von Kriegsverbrechen und
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Vergewaltigung, Mord,
       Zerstörung und Folter. Auf mehreren Seiten werden Tatorte in den
       Kivu-Provinzen aufgelistet, ohne die genauen Tatvorwürfe dazu.
       
       Ein konkreter Vorwurf jedoch unter anderem ist der planmäßig durchgeführte
       Angriff eines FDLR-Bataillons auf den Ort Busurungi, wobei 60 Zivilisten
       starben; zahlreiche Frauen seien vergewaltigt worden, Schwangeren hätten
       die FDLR-Kämpfer die Bäuche aufgeschlitzt.
       
       Mbarushimana, so der IStGH, habe "persönlich und vorsätzlich zu einem
       gemeinsamen Plan beigetragen, Angriffe gegen die Zivilbevölkerung
       durchzuführen, um eine humanitäre Katastrophe herbeizuführen und eine
       internationale Kampagne zu lancieren, um für die FDLR Konzessionen
       politischer Macht zu erpressen. Herr Mbarushimana wird verdächtigt, die
       genannte internationale Kampagne organisiert und dirigiert zu haben, indem
       er regelmäßig internationale und lokale Medien einsetzte."
       
       Die Betonung eines "gemeinsamen Plans" markiert eine neue Qualität in der
       internationalen Zusammenarbeit gegen die FDLR, die als Haupthindernis für
       den Frieden in Zentralafrika gilt. Aus Den Haag ist zu hören, man arbeite
       seit anderthalb Jahren eng mit den deutschen Behörden zusammen, die 2009
       bereits FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und seinen Stellvertreter
       Straton Musoni verhaftet haben. Ihnen und Mbarushimana wird die
       Verantwortung für die gleichen Verbrechen vorgeworfen.
       
       Anders als Murwanashyaka soll Mbarushimana auch aktiv am Völkermord in
       Ruanda beteiligt gewesen sein. Die Anklagepunkte der ruandischen
       Generalstaatsanwaltschaft sind schockierend. Der Hutu Mbarushimana hatte
       während des Völkermordes in Ruanda als Computerexperte für die
       UN-Entwicklungsorganisation UNDP gearbeitet.
       
       Als seine ausländischen Kollegen zu Beginn der Massaker an Tutsi im April
       1994 abgezogen wurden, ernannte er sich selbst zum Büroleiter. Bewaffnet
       mit einer Kalaschnikow habe Mbarushimana mehrere Treffen in seinem UN-Büro
       in Kigali einberufen, bei denen er die Ermordung anderer ruandischer
       UN-Mitarbeiter geplant habe, so die ruandische Akte.
       
       Zeugen bestätigen, er hätte eine Liste seiner Kollegen erstellt, welche er
       mit der Kennzeichnung "H" für Hutu und "T" für Tutsi versehen hatte. Er
       habe danach die Hutu-Miliz Interahamwe zu den Häusern der "T"-Mitarbeiter
       geführt. Nach den Bluttaten habe er die Milizenführer am Abend ins
       UNDP-Hauptquartier in Kigali zum Bier eingeladen.
       
       Mbarushimana blieb danach bei der UNO angestellt, erst in Angola, später im
       Kosovo, danach ging er nach Frankreich. Mehrmals wurde er aufgrund
       ruandischer Haftbefehle verhaftet und wieder laufen gelassen. Jetzt hat der
       Kongo ihn eingeholt.
       
       12 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) D. Johnson
 (DIR) S. Schlindwein
       
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 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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