# taz.de -- Nach Festnahme von Hutu-Milizenführer: Der Krieg der Rebellen ist nicht vorbei
       
       > Der verhaftete FDLR-Führer Callixte Mbarushimana war für Ruandas
       > Exilopposition eine Altlast. Ohne ihn könnten die zerstrittenen
       > Hutu-Milizen wieder zusammenfinden.
       
 (IMG) Bild: Bewaffnet und einsatzbereit: ein FDLR-Kämpfer nahe dem nordwestlich von Goma gelegenen Flüchtlingscamp Lushubere.
       
       BERLIN taz | Ist die FDLR ohne Callixte Mbarushimana kopflos? Der
       FDLR-Exekutivsekretär hatte praktisch die Funktion des Präsidenten Ignace
       Murwanashyaka inne, seit dieser 2009 in Deutschland in U-Haft kam.
       Inoffiziell sei er vor allem für die Propaganda in Europa zuständig
       gewesen, sagen FDLR-Mitglieder. Der persönliche Assistent des ranghöchsten
       FDLR-Feldkommandanten im Ostkongo bestätigte noch vor wenigen Wochen der
       taz, dass Mbarushimana fast täglich von Paris aus in den Dschungel
       telefoniere.
       
       Die Miliz scheint geschwächt. Ende September ließ sogar der Kommandeur des
       1. FDLR-Bataillons, Oberstleutnant Elie Mutarambirwa alias Martin Safari,
       seine Einheit im Stich und desertierte nach Ruanda. Allein zwischen Januar
       und August haben über 1.300 Männer die Miliz verlassen und sind aus Kongos
       Wäldern in ihr Heimatland Ruanda zurückgekehrt. Experten schätzen die Zahl
       der verbleibenden FDLR-Kämpfer auf rund 3.000.
       
       Doch nun rekrutiert die FDLR vermehrt Kongolesen, und im Bergbaugebiet
       Walikale, wo die FDLR seit sieben Jahren ihr Hauptquartier hat, ist sie
       Allianzen mit lokalen Milizen und korrupten Militärs eingegangen. Dank
       dieser Allianz gelang es der FDLR im Juli, ihr Hauptquartier Kimua von
       Kongos Armee zurückzuerobern.
       
       Gerüchte besagen, die FDLR plane Infiltrierungsoperationen in Ruanda, es
       wären die ersten seit neun Jahren. Auch von einem Bündnis mit anderen
       ruandischen Oppositionellen ist die Rede, angeführt von dem nach Südafrika
       geflohenen ruandischen General Faustin Kayumba Nyamwasa.
       
       Aber die tatsächliche Auswirkung von Mbarushimanas Verhaftung hängt davon
       ab, wie sich die FDLR jetzt in Europa neu organisiert, sagt Rakiya Omar,
       Expertin für die FDLR-Exilstrukturen. Omar befürchtet ein mögliches Bündnis
       zwischen der FDLR und ihrer kleineren Abspaltung RUD (Sammlung für Einheit
       und Demokratie): "Es gibt bereits Gerüchte über eine Zusammenarbeit
       zwischen RUD und FDLR im Ostkongo. Eine internationale Kooperation der
       beiden Gruppen ist möglich".
       
       Die RUD hatte im Jahr 2005 ihre eigene Führung in den USA etabliert. Sie
       gab sich als moderater Gegenpol zur FDLR und verlangte, dass die FDLR sich
       von Massenmördern in ihren Reihen trenne, sie sogar nach Ruanda ausliefere.
       Die FDLR-Führung lehnte dies ab. Daraufhin sagte sich die RUD mit rund 400
       Kämpfern los.
       
       Ohne die Altlast Mbarushimana ist eine Wiedervereinigung denkbar. Etwa
       unter dem in Norwegen lebenden Emmanuel Munyaruguru, dem älteren Bruder des
       in den USA lebenden RUD-Exekutivsekretärs Félicien Kanyamibwa. Munyaruguru
       sei jüngst von Norwegen aus sehr aktiv, so Omar: "Es ist vorstellbar, dass
       er in Zukunft in Europa eine größere Rolle spielen wird."
       
       Um die FDLR endgültig zu zerschlagen, ist es also notwendig, dass die
       Justiz nicht nur in Deutschland und Frankreich aktiv wird, sondern auch in
       anderen Ländern. Die deutschen Ermittler sind ihren Kollegen hier weit
       voraus. Doch Anklage wurde noch nicht erhoben, ein Prozess wird wohl
       frühestens 2011 stattfinden. Es wird ein Präzedenzfall.
       
       13 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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