# taz.de -- Wikileaks-Gründer Julian Assange: Enthüller in Bedrängnis
       
       > Der Enthüllungsplattform Wikileaks gelingt ein neuer Scoop und lenkt
       > damit von der eigenen Krise ab. Und die geht über Vorwürfe an den Chef
       > Julian Assange hinaus.
       
 (IMG) Bild: Begehrter Interviewpartner: Julian Assange.
       
       Mit der Veröffentlichung von knapp 400.000 Dokumenten des US-Militärs ist
       dem Internetportal Wikileaks ein weiterer Scoop gelungen. Die Unklarheiten
       über die weitere Entwicklung der Enthüllungsplattform und die Rolle ihres
       Sprechers Julian Assange aber bestehen unbenommen weiter.
       
       Am Samstag ließ Assange ein Interview mit dem internationalen
       Nachrichtensender CNN platzen, nachdem er zunächst Fragen zu Kritik an
       seinem persönlichen Führungsstil ausgewichen war.
       
       Ob seine Persönlichkeit und die damit verbundenen Kontroversen die Arbeit
       von Wikileaks nicht überstrahlten, wischte Assange mit dem Hinweis weg,
       dies sei "kein wirklich interessanter Punkt".
       
       Es gebe keine breite Kritik an seiner Arbeit, alle entsprechenden
       Äußerungen gingen auf den früheren deutschen Wikileaks-Sprecher Daniel
       Domscheit-Berg (alias Daniel Schmitt) zurück, den er im September wegen
       "Fehlverhaltens" suspendiert habe und der sich nun auf diese Weise räche.
       
       Assange dementierte, dass neben Domscheit-Berg auch weitere langjährige
       Mitstreiter Wikileaks verlassen hätten. Das seien Kampagnen von
       Wikileaks-Gegnern, "mit so etwas müssen wir immer rechnen". Er selbst
       übernehme lediglich die "schwierige Rolle" als "Blitzableiter".
       
       Als ihn die CNN-Moderatorin Atika Shubert auf das in Schweden wegen
       angeblicher Vergewaltigung gegen ihn anhängige Ermittlungsverfahren
       ansprach, brach der 39-jährige Australier das Interview unvermittelt ab.
       
       Der frühere deutsche Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg hatte
       Assanges Führungsstil im Sommer stark kritisiert. Assange habe zu viel
       Macht, unter seiner Führung fordere Wikileaks "größtmögliche Transparenz,
       ohne selber transparent zu arbeiten".
       
       Klar scheint aber, dass die internen Querelen bei Wikileaks mit für die
       Verzögerungen der letzten Wochen verantwortlich sind. Ursprünglich hätten
       die am Wochenende ins Netz gestellten Dokumente schon vor Monaten
       veröffentlicht werden sollen.
       
       Kritiker monieren zudem, dass sich Wikileaks zu stark auf das Pentagon und
       die Vereinigten Staaten generell konzentriere. Dem ursprünglichen Anspruch,
       wirklich weltweit Raum für die Enthüllung bislang nicht zugänglicher
       Dokumente zu bieten, komme die Plattform derzeit kaum noch nach.
       
       Das Projekt sei "an seine Grenzen gestoßen", schrieb Domscheit-Berg im
       Freitag: "Die zunehmende Flut von Dokumenten war nicht mehr abzuarbeiten,
       strukturelle Schwächen wurden immer deutlicher, und zudem wuchs der
       politische Druck auf die Organisation." Er propagiert nun die Idee einer
       dezentralen Enthüllungsplattform beziehungsweise nationale
       Wikileaks-Dienste, in denen auch entsprechendes regionales Material
       aufbereitet werden kann.
       
       24 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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