# taz.de -- Kommentar Siedlungen in Israel: Bei Abzug Volksbefragung
       
       > Die israelische Bevölkerung muss den Abzug aus besetzten Gebieten in
       > einer Volksabstimmung befürworten, sollte sich Netanjahus Regierung dafür
       > entscheiden.
       
       Benjamin Netanjahu, der israelische Premierminister, schafft es noch nicht
       einmal, in der eigenen Regierung einen weiteren Baustopp in den Siedlungen
       durchzusetzen. Und schon baut er sich selbst auf dem Weg zum Frieden neue
       Hindernisse auf. Die israelische Bevölkerung muss den Abzug aus besetzten
       Gebieten in einer Volksabstimmung befürworten, sollte sich Netanjahus
       Regierung dafür entscheiden. Damit rückt der Frieden in Nahost noch ein
       Stückchen weiter in utopische Ferne, als er es bislang schon war. Nichts
       anderes war aber offenbar das Ziel.
       
       Anders als heute gab es gute Gründe, als Anfang der 90er Jahre ein
       Referendum diskutiert wurde. Damals ging es um die Golanhöhen, über die der
       später ermordete Regierungschef Jizhak Rabin verhandelte, ohne dafür ein
       Mandat zu haben, wie seine Kritiker urteilten. Rabin war mit dem
       Versprechen in die Wahl gegangen, nicht vom Golan abzuziehen. Das
       Referendum hätte ihm nachträglich die Rückendeckung der Bevölkerung
       verschaffen können.
       
       Netanjahu hat jedoch nichts dergleichen nötig. Niemand, nicht einmal seine
       schlimmsten Kritiker, sprechen ihm das Mandat ab, über territoriale
       Zugeständnisse zu verhandeln. Das neue Gesetz nimmt Regierung und Knesset
       Entscheidungsbefugnisse, die niemals infrage gestellt wurden. Netanjahu
       gibt freiwillig die Verantwortung aus der Hand.
       
       Zu viel Mitspracherecht der Bürger kann kontraproduktiv sein, denn
       bisweilen braucht das Volk länger zum Umdenken als seine Führung. So hätten
       die Israelis dem Frieden mit Ägypten für den Preis der Sinai-Halbinsel
       niemals zugestimmt, selbst dann noch nicht, als Präsident Anwar Sadat die
       historische Reise nach Jerusalem antrat.
       
       Das Vertrauen in einen Frieden wuchs erst mit dem Frieden. Zum Glück
       preschten der konservative Menachem Begin und sein ägyptischer Partner
       Sadat im Frieden damals im Alleingang nach vorn. Ein Heldenakt, zu dem
       Netanjahu nicht in der Lage ist.
       
       24 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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