# taz.de -- Verfassungsklage von Greenpeace: Karlsruhe soll Akw-Gesetz kippen
       
       > Greenpeace klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die
       > Laufzeitenverlängerungen für Atomkraftwerke – gemeinsam mit den
       > Anwohnern. Andere wollen nachziehen.
       
 (IMG) Bild: "Ohne wenn und aber": Demonstranten fordern im Dezember in Freiburg den endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie.
       
       BERLIN taz | Jörn Burger fühlt sich nicht mehr sicher. "Ich wüsste, wie ich
       ein Flugzeug in ein Atomkraftwerk lenken kann - trotz Vernebelung", sagte
       der ehemalige Lufthansapilot am Donnerstag in Berlin. Gemeinsam mit anderen
       Anwohnern deutscher Atomkraftwerke hat Burger, finanziell unterstützt von
       der Umweltschutzorganisation Greenpeace, jetzt Verfassungsbeschwerde gegen
       die AKW-Laufzeitverlängerungen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
       eingereicht. "Ich wohne einfach zu dicht am AKW Biblis dran", so Burger,
       der im rund 40 Kilometer entfernten Mörfelden-Walldorf lebt.
       
       Die Kraftwerksblöcke Biblis A und B hätten nach dem Atomgesetz 2010
       abgeschaltet werden müssen, so Burger. "Darauf habe ich mich gefreut." Die
       Laufzeitverlängerung für unsichere Atomkraftwerke mache dies zunichte. "Die
       Laufzeitverlängerung ist ein Kniefall vor dem Altar der Profitmaximierung
       der Energiekonzerne."
       
       Die Verfassungsbeschwerde, die Greenpeace gemeinsam mit Anwohnern der
       sieben ältesten Atomkraftwerke eingereicht hat, richtet sich gegen das 11.
       und 12. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes. Greenpeace sieht in der von
       der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen AKW-Laufzeitverlängerung
       das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt. Die
       Kläger wohnen in der Nähe der Atomkraftwerke Neckarwestheim 1, Philippsburg
       1, Isar 1, Biblis A und B, Unterweser, Brunsbüttel und Krümmel. Ein
       entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe könnte
       die Laufzeitverlängerung wieder rückgängig machen, hofft die
       Umweltorganisation.
       
       Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte beschlossen, die Laufzeiten der
       deutschen Atomkraftwerke um durchschnittlich 12 Jahre zu verlängern. Die
       Atomgesetznovelle aus dem vorigen Jahr sieht vor, dass diejenigen AKWs, die
       vor 1980 ans Netz gingen, 8 Jahre zusätzlich bekommen sollen - umgerechnet
       in die von ihnen produzierten Strommengen. Die neueren Kraftwerke sollen 14
       Jahre länger laufen als ursprünglich vorgesehen.
       
       "Der Deal mit den Atomkonzernen verletzt die im Grundgesetz garantierten
       Rechte der Bürger", sagte der Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. "Wenige
       profitieren von der Laufzeitverlängerung, aber das Risiko trägt die
       Allgemeinheit." Kein Atomkraftwerk sei gegen Terrorangriffe aus der Luft
       gesichert. Die Kläger verwiesen auf ein Urteil des
       Bundesverwaltungsgerichts aus dem April 2008, wonach Bürger einen Anspruch
       auf Schutz vor terroristischen Angriffen haben. Kein einziger der älteren
       deutschen Reaktoren entspreche jedoch dem aktuellen Stand von Wissenschaft
       und Technik. Der Weiterbetrieb der alten Reaktoren sei hochgefährlich, eine
       sichere Entsorgung des radioaktiven Abfalls sei nicht in Sicht. Zudem sehen
       die Kläger die Einschränkung der Klagemöglichkeit für Anwohner in der
       Atomgesetznovelle als verfassungswidrig an.
       
       Auch SPD und Grüne sowie Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen,
       Brandenburg und Berlin wollen in Karlsruhe gegen die Laufzeitverlängerung
       klagen. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen das Zustandekommen des
       Gesetzes, das ohne die Zustimmung des Bundesrats beschlossen worden war.
       Greenpeace-Anwalt Ulrich Wollenteit rechnet daher damit, dass das
       Verfassungsgericht die AKW-Verfahren zusammenziehe und "entgegen der
       üblichen Verfahrensdauer" schnell über die Beschwerde befinden werde,
       möglicherweise noch 2011.
       
       FDP-Umweltexpertin Angelika Brunkhorst wies die Sicherheitsbedenken von
       Greenpeace zurück. "Fakt ist, dass Atomkraftwerke in Deutschland sicher
       sind, ansonsten wären sie nicht am Netz", so Brunkhorst. Die
       Atomgesetznovelle sei "ganz klar nicht verfassungswidrig".
       
       3 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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