# taz.de -- Weiter Diskussionen um Hartz-IV: Nicht mal 6 Euro wollnse rausrücken
       
       > Regierung und Opposition diskutierten mehr als zehn Stunden über Hartz-IV
       > – und konnten bei den zentralen Fragen keine Einigung erzielen. Nun droht
       > eine Sonder-Bundesratssitzung.
       
 (IMG) Bild: Bundesarbeitsministerin Von der Leyen, daneben Peter Altmair (CDU, links) und Heinrich Leonhard Kolb (FDP, rechts).
       
       BERLIN dpa | Weiter Diskussionen um Hartz-IV: Die Kompromissgespräche von
       Koalition und Opposition wurden in der Nacht zum Montag ohne Ergebnis auf
       Dienstag vertagt. Zuvor hatten beide Seiten fast zehn Stunden miteinander
       verhandelt. Hauptstreitpunkt ist die Höhe des künftigen
       Hartz-IV-Regelsatzes. Trotz Annäherungen beim Bildungspaket ist nach wie
       vor offen, wie das Geld dafür an die Kommunen transferiert werden soll.
       Keine Annäherung gibt es bisher bei der Forderung nach gleichem Lohn für
       gleiche Arbeit in der Leiharbeit, wo die Regierungskoalition auf einer
       Neun-Monatsfrist beharrt.
       
       Hierbei hat SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann FDP Dogmatismus
       vorgeworfen. Oppermann kritisierte vor allem die starre Haltung der
       Liberalen zur gleichen Bezahlung für Leiharbeiter nach neun Monaten. "Die
       FDP ist da absolut dogmatisch", sagte er am Montag im ZDF-Morgenmagazin.
       Die meisten Zeitarbeiter hätten nach neun Monaten gar keine Arbeit mehr.
       
       Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, beharrte für
       die Regierungskoalition auf einer Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes um nur
       fünf Euro. Der SPD, die das nicht für ausreichend hält, warf er am Montag
       in Berlin einen "politischen Irrweg der Linken" vor. "Unser Ziel ist es,
       dass Arbeitslose schnell wieder in Arbeit kommen". Sie dürften sich nicht
       in Hartz-IV "einrichten", sagte Friedrich.
       
       Die SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig und Grünen-Chef Fritz Kuhn
       unterstrichen, dass es ohne Zugeständnisse der Koalition in allen drei
       Verhandlungsfeldern - Regelsatz, Mindestlohn und Bildungspaket - keine
       Einigung geben könne. Sollte bis zur nächsten Sitzung des Bundesrates an
       diesem Freitag kein Verhandlungsergebnis vorliegen, ist eine Sondersitzung
       der Länderkammer im Gespräch.
       
       SPD und Grüne: Hartz-IV auf 370 Euro 
       
       SPD und Grüne verlangen dem Vernehmen nach, dass bei der Berechnung des
       Existenzminimums für Langzeitarbeitslose jene nicht berücksichtigt werden,
       die weniger als 100 Euro im Monat hinzuverdienen. Dadurch würde der
       Hartz-IV-Regelsatz nicht wie von der Koalition vorgesehen um fünf Euro,
       sondern um 11 Euro auf 370 Euro im Monat steigen. Kuhn sagte, es gehe
       darum, die Berechnung "verfassungsfest" zu machen.
       
       Für die Linke ist die Reform nach dem nächtlichen Verhandlungsdebakel
       dagegen "praktisch gescheitert". Parteichef Klaus Ernst ruft die
       Betroffenen auf, über die Sozialgerichte einen verfassungsgemäßen Regelsatz
       zu erstreiten. "Schwarz-Gelb will keine Lösung. SPD und Grüne sind zu
       feige, wirklich Druck aufzubauen", erklärte Ernst am Dienstag. "Die
       Betroffenen können nicht länger warten. Sie müssen jetzt den Weg über den
       Rechtsstaat gehen und sich dort ihr Recht holen", sagte Ernst.
       
       Klaus Ernst: Jetzt gilt Richterrecht 
       
       Weil die alten Regelsätze nicht mehr gültig seien, gelte jetzt
       Richterrecht. "Massenklagen gegen verfassungswidrige Hartz-IV-Bescheide
       haben Erfolgschancen. Die Gerichte werden sich das Hartz-IV-Mikado auf dem
       Rücken der Betroffenen nicht länger anschauen". Das
       Bundesverfassungsgericht hatte im Februar vergangenen Jahres eine
       Neuberechnung des Regelsatzes für 4,7 Millionen erwachsene
       Hartz-IV-Bezieher und mehr Bildungsförderung und Teilhabe für bedürftige
       Kinder verlangt. Beides ist seit dem 1. Januar überfällig.
       
       Von der Leyen: "Milliardenschweres Angebot gemacht" 
       
       Zu Beginn der Verhandlungen hatte die Koalition angeboten, die Kosten der
       Kommunen für die Grundsicherung armer Rentner komplett zu übernehmen. Die
       schrittweise Übernahme der Grundsicherung für arme Rentner durch den Bund
       würde die Kommunen im Zeitraum von 2012 bis 2015 insgesamt um 12 Milliarden
       Euro entlasten, hieß es aus Regierungskreisen. Von der Leyen sagte: "Wir
       haben ein milliardenschweres Angebot gemacht". Schwesig sagte, SPD wie
       Grüne begrüßten es, dass der Bund hier die Kommunen entlasten will. Damit
       sei aber immer noch nicht geklärt, wie die Bildungsausgaben garantiert
       werden.
       
       Schäuble erwartet Entgegenkommen bei Gemeindefinanzreform 
       
       Diese Entlastung zielt darauf, der Opposition die Zustimmung zum
       Hartz-IV-Paket schmackhaft zu machen. Bundesfinanzminister Wolfgang
       Schäuble (CDU) hatte schon im November Bereitschaft signalisiert, den
       Kommunen die Grundsicherung im Alter abzunehmen. Er erwartet dafür aber von
       der Opposition ein Entgegenkommen bei der Reform der Gemeindefinanzen,
       speziell bei der Gewerbesteuer. Derzeit tragen die Kommunen die Hauptlast
       der Grundsicherung im Alter. 2009 schlug diese Sozialhilfeleistung mit
       knapp 3,9 Milliarden Euro zu Buche. Bis 2020 ist nahezu eine Verdoppelung
       auf 7,2 Milliarden Euro prognostiziert. Die Grundsicherung im Alter kam
       zuletzt knapp 800 000 armen Rentnern zugute.
       
       "Zweimal das gleiche Geschenk, einmal zu Weihnachten, einmal zu Ostern" 
       
       Der Vorschlag war nicht neu: Denn Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
       hatte schon Anfang November vergangenen Jahres den Kommunen angeboten, die
       Kosten für die Grundsicherung armer Rentner komplett zu übernehmen – dafür
       aber Entgegenkommen bei der Reform der Gemeindesteuern verlangt. "Zweimal
       das gleiche Geschenk, einmal zu Weihnachten, einmal zu Ostern", spottete
       ein SPD-Unterhändler.
       
       7 Feb 2011
       
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