# taz.de -- 3. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart: Die taz ist schuld
       
       > Die Verteidigung im Prozess gegen Milizenführer der FDLR beklagt, die taz
       > habe die Justiz vor sich hergetrieben. Zudem sei die Gewalt der FDLR
       > immer nur "reaktiv" gewesen.
       
 (IMG) Bild: Im kongolesischen Fizi sollen FDLR-Milizen eine Massenvergewaltigung durchgeführt haben.
       
       STUTTGART taz | Im Kriegsverbrecherprozess gegen Führer der ruandischen
       Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) vor dem
       Oberlandesgericht Stuttgart macht die Verteidigung die taz
       mitverantwortlich für das Zustandekommen des Verfahrens.
       
       Man sei verwundert, dass eine "pressure group" aus "einem Journalisten der
       taz, dem Ökumenischen Netz Zentralafrika und dem Pole Institute mit Sitz in
       Goma die Bundeskanzlerin, die ehemalige Justizministerin und den
       Generalbundesanwalt vor sich hertreiben konnte", erklärte Rechtsanwältin
       Andrea Groß-Bölting, Verteidigerin des FDLR-Vizepräsidenten Straton Musoni,
       am Mittwochnachmittag vor Gericht.
       
       Die deutsche Justiz werde als "Marionette" des ruandischen Präsidenten Paul
       Kagame missbraucht. Der habe Druck auf Deutschland ausgeübt. Eigentlich
       müsste der Internationale Strafgerichtshof zuständig sein.
       
       Musoni sowie FDLR-Präsident Igmnace Murwanashyaka sind wegen
       Kriegsverbrechen von FDLR-Kämpfern in der Demokratischen Republik Kongo
       angeklagt. Groß-Böltings Äußerungen waren Teil eines sogenannten "Opening
       Statement", dessen Verlesung allerdings vom Vorsitzenden Richter Jürgen
       Hettich nicht zugelassen wurde. Die Angeklagten könnten sich persönlich
       oder über ihre Anwälte zur Sache äußern, ein "Opening Statement" sei im
       deutschen Prozessrecht aber nicht vorgesehen, so der Richter.
       
       ## Antrag auf Befangenheit
       
       Die Verteidigung lehnte daraufhin den gesamten 5. Strafsenat wegen
       Befangenheit ab und verlas ihre Statements als Teil der Begründung der
       Befangenheitsanträge. Ob diese Anträge zur Unterbrechung des Verfahrens
       führen, ist nach Auskunft des OLG Stuttgart noch nicht klar.
       
       Murwanashyakas Verteidigerin Ricarda Lang sprach von einem "Machtapparat"
       aus Generalbundesanwalt, Bundeskriminalamt, Vereinten Nationen und
       "unzähligen" Journalisten und Menschenrechtsorganisationen. Ihr Mandant sei
       weder "Terrorist" noch "Rädelsführer" noch "Kriegsverbrecher" noch
       "Völkermörder", sondern ein "ruandischer Patriot"; die FDLR sei keine
       "ausländische terroristische Vereinigung", sondern eine
       "politisch-militärische extraterritoriale Bürgerkriegspartei" Ruandas. Die
       ruandischen und kongolesischen Zeugen der Anklage würden vom
       "Unrechtsregime" in Ruanda "zu Falschaussagen erpresst".
       
       Beim Zurückweisen der Anklage ließ Lang jedoch durchblicken, dass es dabei
       eher um die politische Bewertung geht als um die Tatvorwürfe an sich. Die
       von der FDLR ausgeübte Gewalt, "sofern sie überhaupt stattfand", sei immer
       nur "reaktiv" gewesen: "Werden Soldaten wie die der FDLR angegriffen, haben
       sie das Recht, sich zu verteidigen", so Lang; Zivilisten als Schutzschilde
       einzusetzen sei ein "Kollateralschaden", und "Vergeltungsmaßnahmen sind in
       kriegerischen Auseinandersetzungen nicht per se illegitim".
       
       Die FDLR habe ihre Kämpfer aber angewiesen, sich gegenüber der Bevölkerung
       "immer freundlich, höflich, zurückhaltend" zu verhalten. Damit bestätigte
       die Verteidigerin indirekt zwei zentrale Punkte der Anklage: dass die FDLR
       gewaltsame Übergriffe begeht und dass die FDLR-Führung ihren Kämpfern
       Weisungen erteilt.
       
       12 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) 6. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Krieg um die Dokumente
       
       Die Parteien streiten sich um Papier. Die Verteidigung will nicht, dass vor
       Gericht FDLR-Dokumente verlesen werden. Das Gericht verliest ältere
       deutsche Gerichtsurteile.
       
 (DIR) 5. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Der düstere Schatten Ruandas
       
       Der Sachverständige Denis Tull erklärt, was der Krieg der FDLR mit dem
       Völkermord in Ruanda zu tun hat. Er wird sofort von der Verteidigung in
       eine Geschichtsdebatte verwickelt.
       
 (DIR) 4. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess Stuttgart: Richter sind nicht befangen
       
       Das Oberlandesgericht Stuttgart lehnt einen Befangenheitsantrag der
       Verteidiger der wegen Kriegsverbrechen angeklagten FDLR-Milizenführer ab.
       Der Prozess kann weitergehen.
       
 (DIR) Gewalt im Kongo: Operation "Neue Sonne"
       
       In Deutschland hat der Kriegsverbrecherprozess gegen die Führung der
       ruandischen FDLR-Miliz begonnen. Im Kongo verstärken deren Truppen nun ihre
       Angriffe.
       
 (DIR) Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart: Rosenkranz erinnert an den Völkermord
       
       Einer der Angeklagten im Kongo-Kriegsverbrecherprozess erscheint mit einem
       Rosenkranz vor Gericht. Beobachter fühlen sich an den Völkermord in Ruanda
       erinnert.
       
 (DIR) 2. Tag Kriegsverbrecherprozess Stuttgart: Karlsruhe soll entscheiden
       
       Die Anwälte der FDLR-Milizenführer sagen, Deutschlands
       Völkerstrafgesetzbuch sei verfassungswidrig. Sie beantragten die Aussetzung
       des Verfahrens.
       
 (DIR) Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart: Die Opfer haben das Wort
       
       Bei der Eröffnung des Prozesses gegen die beiden Führer der ruandischen
       Miliz FDLR versucht die Verteidigung, die Verlesung der Anklage zu
       verschleppen.