# taz.de -- Gefechte in Syrien: Assad lässt weiter schießen
       
       > Die syrische Armee nimmt die Stadt Maaret al-Numan ein. Bei
       > Militäraktionen gegen Freitagsproteste gibt es Tote. Deutschland und
       > Frankreich plädieren für UN-Resolution, Ban Ki Moon auch.
       
 (IMG) Bild: Warten auf demokratischere Zeiten: syrische Flüchtlinge in einem Lager in der Türkei.
       
       DAMASKUS/BEIRUT dpa/dapd/afp | Mit Panzern und Kampfhubschraubern haben
       syrische Truppen am Freitag die Stadt Maaret al-Numan im Nordwesten von
       Syrien eingenommen. Zwei syrische Aktivisten erklärten, zahlreiche Soldaten
       seien am Morgen in die 100.000 Einwohner zählende Stadt etwa 45 Kilometer
       von der türkischen Grenze eingerückt. Es war nicht klar, ob es dabei Tote
       oder Verletzte gab.
       
       Omar Idilbi von den Lokalen Koordinationsauschüssen, die
       regierungskritische Proteste dokumentieren, erklärte, die Soldaten hätten
       die vollständige Kontrolle über die Stadt übernommen. Maaret al-Numan liegt
       an der Hauptverbindungsstraße zwischen Damaskus und der größten syrischen
       Stadt Aleppo.
       
       Die Streitkräfte zogen nach Angabe der Aktivisten zudem Verbände um die
       Stadt Chan Scheikhon zusammen, die südlich von Maaret al-Numan liegt. Die
       amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana zitierte einen Sprecher der
       Streitkräfte, der die Konzentration der Truppen damit begründete, dass die
       Verbindungsstraße zwischen Damaskus und Aleppo nicht unter die Kontrolle
       von "bewaffneten Terrororganisationen" fallen dürfe.
       
       Bei Protesten in der Stadt Banias schossen syrische Sicherheitskräfte nach
       Angaben von Menschenrechtlern auch am Freitag wieder auf Demonstranten. Bei
       dem gewaltsamen Vorgehen sei eine unbekannte Zahl Menschen getötet worden,
       teilte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami
       Abdel Rahman, in London mit. Auch in anderen Städten seien die Menschen
       wieder gegen die Führung von Präsident Baschar al-Assad auf die Straße
       gegangen.
       
       ## Rufe nach UN-Resolution
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich unterdessen erneut für eine
       UN-Resolution gegen die syrische Führung aus. "Wir werden dafür werben, und
       zwar gemeinsam und sehr beständig", sagte Merkel nach einem Treffen mit
       Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Berlin. Sie "glaube, dass es auch
       ein Einsehen gibt, dass hier Gewalt angewendet wird, die nicht akzeptabel
       ist", sagte Merkel.
       
       Der UN-Sicherheitsrat ist in der Syrien-Frage tief gespalten. Eine
       Verurteilung Syriens scheitert bisher vor allem an China und Russland.
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat hingegen Stellung bezogen und den
       syrischen Staatschef Baschar el Assad erneut zu einem Ende der Gewalt gegen
       Regierungsgegner aufgefordert.
       
       Die Regierung in Damaskus müsse damit aufhören, "Menschen zu töten", sagte
       Ban am Donnerstag bei einem Besuch in Brasilien. Er forderte Assad zudem
       auf, in einen umfassenden Dialog mit der Bevölkerung zu treten und "mutige
       Maßnahmen zu ergreifen, bevor es zu spät ist".
       
       In Syrien griff die Armee am Donnerstag erneut Dörfer nahe der
       Rebellenhochburg Dschisr el Schugur an. Nach Angaben von Augenzeugen und
       eines syrischen Aktivisten, der den syrischen Flüchtlingen in der Türkei
       hilft, setzte die Armee in zwei Dörfern nahe der Grenze Panzer ein. Die
       Soldaten hätten "auf jeden geschossen", sagte ein Bewohner des Dorfes
       Schugur el Kadima. Dutzende Menschen, darunter viele Frauen und Kinder,
       seien in die Türkei geflohen.
       
       Nach unbestätigten Berichten von Regimegegnern gab es am Donnerstagabend in
       der Provinz Homs eine Protestaktion, bei der Demonstranten den Sturz von
       Baschar el Assad forderten. Es hieß, sie hätten sich auch abfällig über die
       Ankündigung von Rami Machluf geäußert, die sie für einen Bluff hielten.
       
       ## Assad-naher Milliardär will spenden
       
       Die Protestbewegung hatte zu Demonstrationen unter dem Motto "Freitag für
       Scheich Salih al-Ali" aufgerufen. Damit versuchen sie nach Einschätzung von
       Beobachtern, die regimekritischen Alawiten mit ins Boot zu holen. Denn der
       1950 gestorbene Freiheitskämpfer Al-Ali, der gegen die französische
       Kolonialmacht gekämpft hatte, war Angehöriger der alawitischen Minderheit,
       wie auch die Familie von Baschar al-Assad. Bislang sind die sunnitischen
       Muslime die tragende Säule des Aufstandes gegen das Assad-Regime.
       
       Der zur Präsidentenfamilie gehörende syrische Milliardär Rami Machluf will
       einen Teil seines Vermögens für wohltätige Zwecke spenden. Das berichtete
       das syrische Staatsfernsehen am Donnerstagabend. Beobachter sehen in dieser
       Ankündigung einen Versuch, der Protestwelle gegen Präsident Baschar el
       Assad die Spitze zu nehmen. Denn aus Sicht der Demonstranten, die seit drei
       Monaten in dem arabischen Land für mehr Demokratie auf die Straße gehen,
       steht Machluf für Raffgier und Korruption.
       
       Auf den Websites der Opposition wurde die Ankündigung, dass Machluf seine
       Anteile an der Mobilfunkfirma Syriatel verkaufen und den daraus
       resultierenden Gewinn spenden will, als "unglaubwürdiges Theater"
       bezeichnet. Machluf, der von der Europäischen Union und den USA mit
       Sanktionen belegt worden war, besitzt ein weit verzweigtes
       Firmenkonglomerat. Er ist ein Cousin von Präsident Baschar al-Assad.
       
       Bei der seit März andauernden Protestbewegung gegen die Regierung von Assad
       kamen nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen und den Vereinten
       Nationen bislang mehr als 1.200 Demonstranten ums Leben, rund zehntausend
       weitere wurden demnach festgenommen. Tausende Syrer flohen zudem über die
       Landesgrenzen in die Türkei und den Libanon. Die syrische Regierung macht
       "bewaffnete Banden" für die Gewalt verantwortlich.
       
       17 Jun 2011
       
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