# taz.de -- Janukowitsch stellt Freilassung in Aussicht: Amnestie für Timoschenko möglich
       
       > Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch deutete eine Freilassung
       > der Expremierministerin Julia Timoschenko an. Gegen die wurden zugleich
       > aber neue Ermittlungen angesetzt.
       
 (IMG) Bild: Zweite Anklage? Amnestie? Julia Timoschenko stehen bange Tage bevor.
       
       KIEW/BRÜSSEL dapd/afp/rtr | Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch
       hat eine baldige Freilassung der zu sieben Jahren Haft verurteilten
       früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko angedeutet. Janukowitsch
       erklärte am Donnerstag, das Gesetz, auf das Timoschenkos Verurteilung
       basiere, sei veraltet. Er unterstütze eine Änderung, die noch vor Beginn
       einer Berufungsverhandlungen vorgenommen werden könne.
       
       Timoschenko war am Dienstag wegen Amtsmissbrauchs beim Abschluss von
       Gasverträgen mit Russland in einem international scharf kritisierten Urteil
       zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die einstige Heldin der
       Orangenen Revolution in der Ukraine wurde zugleich zur Zahlung von
       umgerechnet 137 Millionen Euro verpflichtet. Timoschenko will das Urteil
       vor europäischen Gerichten anfechten.
       
       Ukrainische Beobachter gehen seit Längerem davon aus, dass Timoschenko
       durch eine nachträgliche Änderung der Rechtslage amnestiert werden könnte.
       Das Parlament soll darüber am kommenden Dienstag entscheiden.
       
       Janukowitsch war wegen der Verurteilung der früheren Regierungschefin im
       Zusammenhang mit einem Gasabkommen mit Russland international scharf
       kritisiert worden. Timoschenko warf ihm vor, mit dem Urteil vor der
       Parlamentswahl im kommenden Jahr seine wichtigste politische Gegnerin zum
       Schweigen bringen zu wollen.
       
       Parallel sieht sich Timoschenko neuen strafrechtlichen Ermittlungen
       ausgesetzt. Chefermittler Iwan Derewjanko sagte am Donnerstag in Kiew,
       Timoschenko werde vorgeworfen, in den 1990er Jahren in ihrer Funktion als
       Chefin des Staatskonzerns Vereinigte Energiesysteme der Ukraine 405
       Millionen Dollar (rund 295 Millionen Euro) veruntreut zu haben.
       
       ## Nato kritisiert, zieht aber keine Konsequenzen
       
       Die Nato hält trotz Kritik am Urteil gegen die frühere Ministerpräsidentin
       Julia Timoschenko an ihrer Zusammenarbeit mit der Ukraine fest. Das Bündnis
       sei von der Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs zwar enttäuscht und hoffe,
       dass die Strafe zurückgenommen werde, eine Einschränkung der Kooperation
       sei aber nicht diskutiert worden, erklärte eine Sprecherin in Brüssel.
       
       Die Nato hoffe, dass auf Basis der Gesetze eine Lösung für den Fall
       gefunden werden könne, der international scharfe Kritik an der Ukraine
       hervorgerufen hatte. Das osteuropäische Land unterhält eine politische und
       wirtschaftliche Kooperation mit der Nato und stellt Soldaten für Einsätze,
       etwa in Afghanistan. Nach der Wahl von Janukowitsch im vergangenen Jahr
       stellte die Ukraine ihre Bemühungen um eine Aufnahme in die Nato ein.
       
       Kommentatoren ukrainischer Medien sehen ihr Land am Scheideweg. "Die
       Ukraine hat eine harte Wahl zwischen Ost und West zu treffen", titelte die
       Kiew Post am Donnerstag in ihrer Online-Ausgabe. Der Schuldspruch gegen
       Timoschenko und die harschen Reaktionen der Europäischen Union zeigten,
       dass sich Kiew entscheiden müsse, ob es sich dem Westen öffne. Die Medien
       des Landes berichteten auch ausführlich über eine Sondersitzung des
       EU-Parlaments am Mittwoch, bei der die Außenbeauftragte Catherine Ashton
       das Urteil gegen Timoschenko erneut scharf kritisierte.
       
       Der frühere ukrainische Innenminister Juri Luzenko hat derweil die EU aus
       dem Gefängnis heraus dazu aufgefordert, "die Demokratie in der Ukraine zu
       verteidigen". Luzenko saß von 2007 bis 2010 im Kabinett Timoschenko. Er ist
       ebenfalls wegen Amtsmissbrauchs angeklagt und sitzt seit zehn Monaten in
       Untersuchungshaft. In einem schriftlich geführten Interview der polnischen
       Zeitung Gazeta Wyborcza vom Donnerstag warnte er vor der Einführung einer
       "zaristischen Demokratie" in der Ukraine, wie es sie bereits in Russland
       gebe.
       
       13 Oct 2011
       
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