# taz.de -- Kommentar Verurteilung Timoschenkos: Europas Ostpolitik ist gescheitert
       
       > Von Anfang an war klar, dass es bei der Prozessposse um eine Abrechnung
       > mit Timoschenko ging. Jetzt muss die EU ihre Politk gegenüber
       > Ex-Sowjetrepubliken neu justieren.
       
 (IMG) Bild: Zweite Anklage? Amnestie? Julia Timoschenko stehen bange Tage bevor.
       
       Der Schuldspruch gegen die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia
       Timoschenko war zu erwarten. Schließlich war von Anfang an klar, worum es
       bei der Prozessposse ging: nicht etwa darum, eine Politikerin wegen
       Verfehlungen im Amt strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, sondern
       darum, mit ihr abzurechnen und sie als Konkurrentin kaltzustellen.
       
       Dennoch überrascht, dass der Richter die Angeklagte trotz scharfer Kritik
       aus dem Ausland zu einer derart harten Strafe verurteilte. In der Ukraine
       liegen Urteile schon zu Prozessbeginn fertig in der Schublade; die Justiz
       erhält ihre Instruktionen von oberster Stelle. Der Ausgang der Causa
       Timoschenko ist also auch eine Kampfansage an die Staatengemeinschaft,
       allen voran die Europäische Union.
       
       Man fragt sich, was die Regierung von Präsident Wiktor Janukowitsch zu
       diesem Urteil bewogen haben mag. Wollte sie austesten, wie weit sie gehen
       kann? Oder ist sie naiv genug zu glauben, Brüssel werde das geplante
       Assoziierungsabkommen trotz des Urteils bis Jahresende unterzeichnen und
       damit zur Tagesordnung übergehen? Genau das dürfte jetzt allenfalls um den
       Preis eines weiteren Verlusts an Glaubwürdigkeit möglich sein.
       
       Wie will das vereinte Europa die Botschaft verkaufen, dass ein Land, in dem
       demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien so unverhohlen verletzt
       werden, dafür auch noch belohnt wird? Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt
       gekommen, einzugestehen, dass die Politik der EU gegenüber der Ukraine und
       den anderen östlichen Nachbarstaaten gescheitert ist. Ganz offensichtlich
       taugen so halbherzige Instrumente wie die Östliche Partnerschaft nicht
       dazu, den Transformationsprozess dort in der gewünschten Weise zu
       befördern.
       
       Ein paar Millionen Euro für Nachhilfe in Demokratie und die Aussicht auf
       engere Wirtschaftskontakte ersetzen eben nicht ein klares Bekenntnis, dass
       auch die Ostanrainer eine Beitrittsperspektive haben. Eine Neujustierung
       der Brüsseler Politik gegenüber den Ex-Sowjetrepubliken ist dringend
       geboten. Sonst könnte der Fall Timoschenko auch woanders Schule machen.
       
       11 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
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