# taz.de -- Debatte um Mindestlohn: CDU übt sich im Interpretieren
       
       > Die CDU-Arbeitnehmer feiern ihren Sieg, der Wirtschaftsflügel ist über
       > die Mindestlohnpläne empört. Und die FDP macht klar: Mit uns gibts keine
       > allgemeine Lohnuntergrenze.
       
 (IMG) Bild: Karl-Josef-Laumann vom CDU-Arbeitnehmerflügel will sich die Mindestlohnpläne nicht wieder stutzen lassen.
       
       BERLIN taz | Glaubt man Karl-Josef Laumann, dann hat der Arbeitnehmerflügel
       der CDU bereits den Sieg davongetragen. Am Montag feierte Laumann,
       Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), den
       Kurswechsel seiner Partei beim Mindestlohn: "Wir holten uns Kreisverband
       für Kreisverband."
       
       Laumann, gelernter Maschinenschlosser, wirbt seit Jahren für eine
       allgemeine Lohnuntergrenze. Es gehöre eben nicht zum Allerheiligsten der
       CDU, dass Menschen für 4,50 Euro die Stunde arbeiteten, lautet seine
       Erklärung für den Kurswechsel. Auch die Bundeskanzlerin teilte am Montag
       durch ihren Regierungsvizesprecher mit, es gehe in der Frage "um die Würde
       der Arbeit".
       
       Tatsächlich wird sich die CDU Mitte November auf ihrem Parteitag zum ersten
       Mal für eine allgemeine Lohnuntergrenze aussprechen. Angedacht ist, die
       Mindestlöhne für die Leiharbeit, 7,01 Euro im Osten und 7,89 Euro im
       Westen, auf tariffreie Branchen auszudehnen. Auf die exakte Lohnhöhe sollen
       sich Gewerkschaften und Arbeitgeber einigen.
       
       Doch ganz ohne die Politik wird es nicht gehen. Zumindest hat CDU-Chefin
       Angela Merkel schon durchblicken lassen, wenn die Tarifparteien sich nicht
       einigten, müsse man sie notfalls dazu nötigen.
       
       Der Wirtschaftsflügel der Union ist alarmiert. Eine verbindliche
       Lohnuntergrenze sei "ordnungspolitisch nicht vertretbar, damit können wir
       nicht leben", sagte Hans Michelbach (CSU), Vorsitzender der
       Unions-Mittelstandsvereinigung. Für Michelbach widerspricht ein
       branchenübergreifender Mindestlohn "den Prinzipien der Marktwirtschaft".
       
       Auch für Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer kommt die
       Diskussion zur "Unzeit": "Der Mindestlohn ist kein Beitrag zu mehr sozialer
       Gerechtigkeit." Er sei entweder wirkungslos oder führe zur Vernichtung von
       Arbeitsplätzen. Diese Gefahr beschwört auch Arbeitgeberpräsident Dieter
       Hundt. Für ihn ist der CDU-Schwenk "sehr unverständlich".
       
       ## Beruhigungspillen
       
       Also verabreicht Michael Fuchs am Montag Beruhigungspillen. Fuchs,
       Unionsfraktionsvize und tradierter Mindestlohngegner, ist von der Kanzlerin
       beauftragt worden, gemeinsam mit Laumann einen Mindestlohnkompromiss für
       den Parteitag auszuhandeln. Er sagt: "Wir haben nicht umgedacht, wir
       vollziehen keine Wende." Denn schließlich könne es eine verbindliche
       Lohnuntergrenze nur geben, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften es auch
       wollten.
       
       Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner ist noch gelassen. Man beobachte
       die Diskussion in der CDU "mit Interesse", das angedachte Mindestlohnmodell
       sei jedoch noch nicht klar. "Es muss uns auch nicht klar sein, denn es gilt
       der Koalitionsvertrag", sagt Lindner und zitiert aus dem Vertragswerk.
       Darin hat Schwarz-Gelb einen allgemeinen Mindestlohn ausgeschlossen.
       
       Doch weil er sich vielleicht doch nicht ganz sicher ist, schiebt er nach:
       "Allgemeine, flächendeckende Mindestlöhne, die von der Politik fixiert
       wurden, wird es mit der FDP nicht geben." Sie führten nur zu mehr
       Jugendarbeitslosigkeit, mahnt Lindner. Maximal kann sich die FDP deswegen
       vorstellen, über weitere Branchenmindestlöhne zu sprechen oder
       "sittenwidrige Löhne stärker in den Blick zu nehmen".
       
       31 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Völpel
       
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