# taz.de -- Daily Dope (529): Sonnige Strahlung
       
       > Das Blut von 28 Sportlern hat ein Mediziner mit UV-Licht behandeln
       > lassen. Unter seinen Patienten war auch die Eisschnellläuferin Claudia
       > Pechstein.
       
 (IMG) Bild: Claudia Pechstein in besseren Tagen in Turin 2006.
       
       Der Anti-Doping-Code 2012 lässt keinen Interpretationsspielraum zu.
       Blutdoping wird unter den Punkten M1 und M2 als verbotene Methode geführt.
       Nicht erlaubt ist die Transfusion von eigenem und fremdem Blut sowie die
       Verabreichung von Produkten aus roten Blutkörperchen. Das hat 28 Sportler
       und Sportlerinnen aber nicht davon abgehalten, sich beim Erfurter
       Sportmediziner Andreas F. Blut abzapfen zu lassen für eine
       Bestrahlungstherapie mit UV-Licht.
       
       Hierbei werden etwa 50 Milliliter Blut abgenommen, mit Licht einer
       Wellenlänge von gut 250 Nanometern bestrahlt und nach etwa zehn Minuten
       wieder refundiert. Die Prozedur wird mehrmals wiederholt. Manche schwören
       auf den Effekt der Behandlung, angeblich verbessern sich die
       Fließeigenschaften des Blutes, die Bestrahlung helfe bei allerlei Leiden.
       Die 28 Sportler erhofften sich vor allem zweierlei: eine
       Leistungssteigerung und einen Wohlfühleffekt. "Wir machen die Sonne nach",
       sagt Mediziner Gerhard Frick, "eine UV-Behandlung ist wie zwei Tage
       Strand." Frick ist Vorsitzender der internationalen Arbeitsgemeinschaft für
       die UV-Blutbehandlung. Ihm ist bekannt, dass bereits in den 80er Jahren
       beim SC Dynamo Berlin Sportlerblut mit Schwarzlicht bestrahlt worden ist.
       Frick ist jedoch der Meinung, es handle sich bei dieser Methode nicht um
       Doping. Wenn es verboten sei, dann sei das "kleinhirnig", findet er.
       Andreas F., der bis zu seiner Suspendierung als Vertragsarzt am Erfurter
       Olympiastützpunkt tätig war, teilte schriftlich mit, er habe die
       UV-Bestrahlung lediglich zur Behandlung von grippalen Infekten eingesetzt.
       
       Unter F.s Patienten waren Radsportler, Eisschnellläufer und Leichtathleten.
       Der Mediziner hat so prominente Sportler wie Claudia Pechstein oder
       800-Meter-Olympiasieger Nils Schumann behandelt. Auch die Radsportler
       Marcel Kittel, Jakob Steigmiller, Marcel Barth und Bastian Bürgel. Letztere
       fahren für das Thüringer Energie Team unter der Leitung von Jörg Werner.
       Der ehemalige Radsportler hat wiederholt die Meinung vertreten,
       Dopingsünder sollten nicht nur mit einer Zweijahressperre belegt werden,
       sondern am besten gleich lebenslang gesperrt werden. Im Gespräch mit der
       taz sieht er die Erfurter Radsportler in einer Opferrolle. "Sie sind davon
       ausgegangen, dass der Arzt das Reglement kennt und keine verbotenen Dinge
       macht." Sie hätten F. blind vertraut. Es sei freilich noch zu klären, sagt
       Werner, ob die UV-Behandlung nicht doch rechtens gewesen sei, das habe F.
       nämlich den Radlern versichert.
       
       Seit mehreren Monaten ermittelt die Erfurter Staatsanwaltschaft gegen
       Andreas F. und greift dabei auf Erkenntnisse der Kollegen aus München
       zurück, die auch Telefone überwachen ließen. So soll eine
       Eisschnellläuferin über die UV-Methode geplaudert haben und ihrer
       Gesprächspartnerin mitgeteilt haben, dass diese Methode zwar verboten, von
       Kontrolleuren aber nicht zu entdecken sei.
       
       Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) hat erst zwei Verfahren gegen
       Sportler eröffnet - gegen die Eisschnellläuferin Judith Hesse und Jakob
       Steigmiller. Diese Verfahren sind bei der Deutschen Institution für
       Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) anhängig. Am 2. Mai 2011 hatte die Nada bei
       der Staatsanwaltschaft Erfurt den ersten Antrag auf Akteneinsicht gestellt,
       am 4. Juli 2011 erhielt sie die Papiere. Nun will die Stiftungsbehörde
       neuerlich die Akten sichten und gegebenenfalls weitere Verfahren eröffnen.
       Warum das erst jetzt geschehe, darauf antwortete die
       Nada-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann in einem Beitrag der ARD: "So
       etwas kommt nicht jeden Tag auf eine Agentur zu." Das könne nicht von heute
       auf morgen bewältigt werden. "Wichtig ist, die behördlichen Ermittlungen
       zum Abschluss kommen zu lassen, um diese dann sportgerichtlich verwerten zu
       können", sagte Nada-Chefjustiziar Lars Mortsiefer.
       
       Das kann freilich noch etwas dauern. Einige Monate könne sich die
       Ermittlungsarbeit noch hinziehen, sagte ein Sprecher der Erfurter
       Staatsanwaltschaft.
       
       30 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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