# taz.de -- Europa-Grüner Bütikofer über Energiepolitik: Die Illusion der deutschen Industrie
       
       > Der Grünen-Politiker Bütikofer über Rohstoffe, neue Marktmächte und warum
       > er die Rohstoffpartnerschaft zwischen Deutschland und Kasachstan für
       > einen Irrweg hält.
       
 (IMG) Bild: Industriekritiker und Grüner mit bester Laune: Reinhard Bütikofer.
       
       taz: Deutschland und Kasachstan schließen heute eine Rohstoffpartnerschaft.
       Wird das die Versorgung Deutschlands mit knappen Metallen sicherstellen? 
       
       Reinhard Bütikofer: Mit den Rohstoffpartnerschaften läuft die
       Bundesregierung der Entwicklung hinterher. Gleichzeitig vernachlässigt sie
       erfolgversprechende Konzepte. Das Rohstoffproblem lässt sich nicht lösen,
       indem einzelne Länder versuchen, sich in Verträgen privilegierte Zugänge zu
       sichern. Zentral sind Ansätze, die von der Bundesregierung bis jetzt nicht
       ernst genommen werden: Rohstoffeffizienz und Recycling.
       
       Die stehen in jedem Rohstoffkonzept, weshalb werden sie dann nicht
       vorangetrieben? 
       
       Man müsste eine Vielzahl von Instrumenten benutzen. Das fängt beim
       Ökodesign an, also einem Design, was den ganzen Lebenszyklus eines Produkts
       betrachtet. Wichtig wären Recyclingquoten für die öffentliche Beschaffung,
       außerdem brauchen wir bessere Sammelmechanismen.
       
       Wir brauchen Vorgaben für Ressourceneffizienzziele und klare Indikatoren.
       Man kann auch über bestimmte Ressourcensteuern nachdenken. Natürlich sind
       Forschung und Entwicklung eine zentrale Sache. Vieles davon hat die
       EU-Kommission thematisiert, aber Deutschland blockiert.
       
       Auf dem Rohstoffmarkt herrscht starke Konzentration. Lässt sich da etwas
       machen? 
       
       Das ist sehr schwer. Durch die aktuelle Fusion der Schweizer
       Rohstoffkonzerne Glencore und Xstrata etwa entsteht ein Unternehmen, dass
       im Bereich Kraftwerkskohle oder Zink eine größere Marktmacht hat als
       Saudi-Arabien beim Öl. Die deutsche Industrie läuft einer Illusion
       hinterher, wenn sie glaubt, mit ihrer Rohstoffallianz, einer
       Einkaufsgemeinschaft, darauf effektiv reagieren zu können.
       
       Die Bundesregierung reagiert mit bilateralen Lösungen. Ist das
       erfolgversprechend? 
       
       Nein, auf internationaler Ebene ist ein multilaterales Vorgehen nötig. Wir
       müssen mit Schwellenländern und rohstoffreichen armen Ländern gemeinsam
       eine Governancestruktur entwickeln, die beiden Seiten zugute kommen.
       
       Hinsichtlich internationaler Governance bleibt der Bereich der Metalle weit
       hinter dem Energiesektor mit der Internationalen Energieagentur oder der
       Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien zurück. Für Metalle gibt
       es so etwas nicht, weil die westlichen Länder sich bis jetzt problemlos
       Zugang zu Ressourcen verschaffen konnten. Das verschiebt sich jetzt.
       
       Hat Europa dann noch die Möglichkeit, auf einen umweltverträglichen
       Rohstoffabbau oder die Einhaltung von Menschenrechten in den Lieferländern
       zu drängen? 
       
       Europa hat wesentlich mehr anzubieten, als es derzeit ins Spiel bringt,
       etwa ein großes Wissen darüber, was umweltfreundliche Rohstoffgewinnung
       angeht. Die ist schließlich im Interesse der Länder mit den Vorkommen. Wir
       könnten anbieten, in den Ländern eigene Wertstoffketten zu entwickeln oder
       bei der Ausbildung von Geologen mitzuwirken.
       
       Europa könnte sich partnerschaftlich aufstellen und so durchaus in
       beiderseitigem Nutzen Rohstoffbeziehungen entwickeln. Europa muss sich dazu
       bekennen, dass es nicht nur um unsere Interessen geht, sondern auch um die
       der Partner. "Rohstoffpartnerschaft", wie die Bundesregierung sagt, reicht
       nicht, es benennt nur ein Interesse.
       
       7 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rohstoffe
       
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