# taz.de -- Erfolg in der Stammzellforschung: Von der Maus zum Menschen
       
       > Zwei deutsche Forschergruppen haben aus Haut Stammzellen gewonnen. Das
       > Verfahren könnte neue Perspektiven bei der pharmakologischen Anwendung
       > liefern.
       
 (IMG) Bild: Winzig und wertvoll: Mit Hilfe von Stammzellen können womöglichunheilbare Krankheiten therapiert werden.
       
       Forschern des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster und
       des Instituts für Rekonstruktive Neurobiologie der Universität Bonn ist es
       gelungen, aus Hautzellen von Mäusen Stammzellen zu gewinnen. Fast
       zeitgleich wurde die Öffentlichkeit in dieser Woche von den unabhängig
       voneinander erzielten Forschungsergebnissen in Kenntnis gesetzt.
       
       Aus den in Tierversuchen gewonnenen Verfahren ergeben sich, so die
       Forscher, neue Perspektiven bei der pharmakologischen Anwendung.
       Stammzellen sind der Stoff, aus dem die Träume vieler Biowissenschaftler
       sind. Schon jetzt können körpereigene Stammzellen bei der Heilung von
       Gelenkerkrankungen eingesetzt werden.
       
       Andere, bislang schwer heilbare oder unheilbare Krankheiten wie Morbus
       Parkinson, Diabetes mellitus oder Querschnittslähmungen sollen durch die
       „Alleskönnerzellen“, so die Lehrmeinung, in absehbarer Zukunft therapiert
       werden können. Auch wird die Möglichkeit, komplette Organe im Labor
       nachzuzüchten, angeführt. Bislang wurden zu Forschungszwecken diese
       Stammzellen aus Embryonen gewonnen, sind jene Zellen doch vielfältiger
       einsetzbar als solche, die aus erwachsenen Menschen entnommen werden
       können.
       
       Allerdings war es für die Wissenschaftler in Deutschland bislang nicht
       unproblematisch, an diese Zellen zu gelangen. Während in Großbritannien
       sowohl die Erzeugung von menschlichen embryonalen Stammzellen als auch das
       Klonen menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken erlaubt ist, dürfen in
       Deutschland nur Stammzelllinien verwendet werden, die vor dem 1. Mai 2007
       gewonnen wurden, und auch nur solche, die außerhalb des Landes extrahiert
       wurden. Damit soll verhindert werden, dass für Forschungszwecke Embryonen
       getötet werden.
       
       ## Ethisch unproblematischer
       
       Über die hierzulande vergleichsweise restriktiven Bestimmungen klagten
       bislang viele Stammzellforscher. Nun eröffnet sich durch die
       Forschungsergebnisse aus Münster und Bonn eine neue Quelle, die ethisch
       unproblematischer erscheint. Auch einen anderen Vorteil haben die aus
       Hautzellen gewonnenen Stammzellen.
       
       Während Stammzellen, die aus Embryonen entnommen wurden, das Risiko in sich
       bargen, zu Krebszellen zu werden und so Tumore auszulösen, sei dieses
       Möglichkeit bei der neuen Technik minimal, so Hans Schöler vom
       Max-Planck-Institut in Münster.
       
       Das Umprogrammieren von normalen Hautzellen zu solchen, die Hirn- und
       Nervenzellen bilden können, eröffne, so Schöler, völlig neue Perspektiven.
       „In einigen Jahren könnten sie zur Geweberegenerierung bei Krankheiten und
       im Alter eingesetzt werden.“ Forever young, bald nicht nur ein Popsong,
       sondern auch eine medizinische Option?
       
       ## Hoffnung auf steigende Forschungsgelder
       
       Nicht alt aussehen wollten wohl auch die beiden Forschungsstandorte. Ob nun
       zuerst in Bonn oder in Münster erfolgreich geforscht wurde, ist nicht
       zweifelsfrei zu klären. Frank Edenhofer vom Institut für Rekonstruktive
       Neurobiologie der Universität Bonn erklärt auf Anfrage, dass er seine
       Forschungsergebnisse vier Monate vor den Münsteraner Kollegen eingereicht
       habe. Hans Schöler wiederum entgegnet: „Mit Frank Edenhofer mache ich
       diesen gemeinsamen Zieleinlauf ausgesprochen gerne.“
       
       Beide Wissenschaftler hoffen nun darauf, dass mehr Forschungsgelder in ihre
       Arbeiten fließen. Denn bislang sei erst Grundlagenforschung betrieben
       worden. Ökonomisch interessant für die Pharmaindustrie ist die Forschung
       erst, wenn sich konkrete Behandlungsmethoden entwickeln lassen. Frank
       Edenhofer dazu: „Wir müssen nun daran arbeiten, die Ergebnisse von der Maus
       auf den Menschen zu übertragen.“
       
       30 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lutz Debus
       
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