# taz.de -- Un-Klimakonferenz in Bonn: Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück
       
       > Bei der Klimakonferenz geht nichts voran. Das nervt alle Beteiligten. Es
       > zeigt aber auch: Es geht um Verpflichtungen für alle Staaten.
       
 (IMG) Bild: Die Generalsekretärin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (was für ein Titel!): Christiana Figueres.
       
       BONN taz | Normalerweise darf man vom Wetter nicht aufs Klima schließen.
       Bei der UN-Halbjahreskonferenz zum Klima, die am Freitagabend nach zwei
       Wochen in Bonn zu Ende ging, war es aber so: Draußen war es schwül, drinnen
       war es kühl: Ein quälend langer Prozess voller Ermüdung, Gereiztheit auf
       allen Seiten, klebrige Deals ohne ein reinigendes Gewitter. Und in den
       Verhandlungssälen des Hotel Maritim im Bonner Regierungsviertel war die
       Atmosphäre eisig bis frostig. „Die Stimmung ist nicht gut“, sagte ein
       Insider der Verhandlungen.
       
       Ein halbes Jahr nach dem Durchbrüchlein von Durban waren die Verhandler
       wieder in die Schützengräben zurückgekehrt. Zwei volle Wochen brauchten
       sie, um sich auf eine Tagesordnung für die anstehenden Verhandlungen zur
       Konferenz in Doha im Dezember zu einigen. Wer diese Verhandlungen leiten
       soll, entschied sich erst ganz zum Schluss der Konferenz. Die Frage, wer im
       Verwaltungsrat (Board) des „Grünen Klimafonds“ (GCF) sitzen wird, um über
       die Kriterien für milliardenschwere Hilfsprogramme zu entscheiden, blieb
       bis zum Ende umstritten. Unklar blieb lange auch, wo das Geld für eine neue
       Zwischensitzung im Herbst in Bangkok herkommen soll. Die Blockade ist zum
       Teil verständlich: Denn zum ersten Mal sitzen alle Länder an einem
       gemeinsamen Tisch, ab jetzt sollen es ernst werden mit Verpflichtungen, die
       alle Länder treffen. Da wird erst einmal gebremst.
       
       Und natürlich gab es erst reicht keinen Fortschritt beim drängendsten
       Problem von allen: Der nötigen Senkung von Treibhausgasemissionen. Im
       Gegenteil: „Unser Planet ist auf dem Weg zu einer Erwärmung von 3,5 Grad
       Celsisus“, erklärten die Experten von „Climate Analytics“ auf der
       Konferenz. Die Expertengruppe bewertet die Auswirkungen der
       Klimaverhandlungen auf das Klima. „Aber es könnte noch mehr sein, wenn die
       Regierungen ihre bislang versprochenen Reduktionen nicht umsetzen.“ Und
       danach, so die Experten, sehe es nicht aus.
       
       Dabei war in Durban im Dezember 2011 der Weg klar gewesen: Alle Staaten
       einigten sich, bis 2015 ein Abkommen zu schließen, das ab 2020 alle Länder
       umfasst und zu Reduktionen bei den Treibhausgasen verpflichtet. Anders als
       heute, wo die Länder mit Reduktionsverpflichtungen im Kioto-Protokoll
       versammelt sind und die anderen Staaten nichts tun müssen. Doch „sie wollen
       hinter Durban zurück“ war eine Formel, die viele Verhandler und
       Umweltgruppen in Bonn benutzen, um die Gegenseite zu beschreiben.
       
       ## Ausstieg aus dem Kioto-Protokoll
       
       Und in der Tat: Aus dem Kioto-Protokoll steigen zum Jahresende Kanada,
       Russland und Japan aus; Neuseeland und Australien haben ihre
       Reduktionsziele noch nicht wie gefordert angemeldet. „Damit umfasst die
       Kioto-Gruppe nur noch 14 Prozent der weltweiten Emissionen“, sagte der
       deutsche Verhandlungsführer Karsten Sach. China verlangte mehr Anstrengung
       der Industriestaaten, Indien wollte über den pro-Kopf-Ausstoß reden, die
       Inselstaaten und arme Länder fühlen sich als Bauernopfer der Machtpolitik
       und von den USA redet ohnehin niemand mehr.
       
       Auch die Europäer sind blockiert. Weil Polen als einziges Land der Union
       seit Veto gegen höhere Klimaziele einlegt, ist die EU an ihr Ziel von 20
       Prozent Reduktion gebunden. Umweltgruppen und Entwicklungsländer fordern
       die Erhöhung auf 30 Prozent. Aber Europa hat andere Sorgen und keine Zeit
       und Kapazität, um sich auf die Lösung der Klimakrise zu konzentrieren.
       „Ohne die Eurokrise hätten wir dieses Problem längst gelöst“, sagt ein
       europäischer Verhandler.
       
       Über eine Lösung für die Blockade kursieren verschiedene Szenarien: Das
       erste, zu dem sich niemand offen äußert, sieht vor, dass die Deutschen den
       Polen finanzielle und technische Hilfsangebote machen, damit die Nachbarn
       im Osten ihre starre Haltung aufgeben. Dann könnte die EU auf minus 25 oder
       30 Prozent gehen und in den internationalen Verhandlungen die
       Schwellenländer zu Zugeständnissen bewegen. Das zweite Szenario beschreibt
       Saleemut Huq vom britischen Thinktank IIED: „Die USA brauchen einen
       Sputnik-Schock. Sobald sie erkennen, dass ihr ökonomischer Rivale China
       dabei ist, die Techniken des 21.Jahrhunderts zu entwickeln, werden sie
       realisieren, dass sie zurückbleiben und sich auf die grünen Technologien
       konzentrieren.“
       
       Das dritte Szenario schließlich bietet Wael Hmaidan, der neue Chef der
       internationalen Klimaschutzgruppen CAN an: „Niemand weiß, wie schnell
       Veränderungen kommen können. Zwei starke Hurrikans in den USA können die
       Stimmung zum Kippen bringen, dafür müssen wir die Konzepte in der Schublade
       haben.“ Hmaidan, der aus dem Libanon stammt, zieht die Parallele zum
       Arabischen Frühling: „Das hat auch niemand kommen sehen, und dann war es
       nicht mehr aufzuhalten.“ Die Eurokrise ist für ihn kein Grund zum
       Nichthandeln beim Klima: „Wenn jemand jetzt Europa den Krieg erklären
       würde, würdet Ihr Europäer doch auch reagieren. Und Klimawandel ist ein
       Krieg gegen unsere Kinder.“
       
       25 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
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