# taz.de -- 20 Jahre nach dem Rio-Umweltgipfel: Wieder mal die Welt retten
       
       > In der nächsten Woche tagt erneut der Umweltgipfel von Rio. Die
       > Schlagzeilen werden die gleichen wie vor 20 Jahren sein. Würden uns gute
       > Nachrichten überfordern?
       
 (IMG) Bild: Indios demonstrieren mit einer Feuerzeremonie in Rio gegen die Zerstörung des Regenwaldes.
       
       Müll sammeln und ihn wiederverwerten ist ein zentraler Baustein der „Green
       Economy“: Nichts wegwerfen, alles wird noch mal irgendwie gebraucht!
       Politik und Medien schreiten hier heldenhaft voran.
       
       Da werden nicht nur Ideen geklaut und Doktorthesen plagiiert – da können
       wir einfach die 20 Jahre alten Überschriften aus dem Schrank holen, wenn
       mal wieder ein „Erdgipfel“ stattfindet: praktischerweise auch noch am
       gleichen Ort, in Rio de Janeiro, Brasilien.
       
       Das ist natürlich gruselig. Immer noch (und immer wieder) bremsen die USA,
       immer noch will die Wirtschaft ihr Image aufpolieren, immer noch fällt der
       Regenwald, immer noch warnt Klaus Töpfer. Die ewig gleichen Überschriften
       zeigen erst einmal, dass zwar viele Menschen weniger arm sind als früher,
       ihre Lebensgrundlagen aber so bedroht sind wie nie zuvor.
       
       Klimawandel, Artensterben und Wüsten machen Fortschritte, die Meere werden
       leer. Wer reich werden will, plündert dafür den Planeten. Das hat sich
       nicht geändert.
       
       ## Wir ruinieren immer noch verlässlich den Planeten
       
       Dazu kommt, dass man bei etwas bösem Willen und mit dem schnellen Griff in
       die Pathoskiste jede internationale Konferenz und jede Kabinettsitzung als
       „Festival der Heuchelei“ oder „Triumph der Zauderer“ beschreiben kann –
       zumal wenn die gewaltigen Herausforderungen und die Onlinemedien so zur
       Eile drängen. Vor allem aber steckt hinter der lieb gewordenen Enttäuschung
       ein Missverständnis: dass auf diesen Gipfeln Probleme gelöst werden.
       
       Dabei lässt sich die Welt nicht einfach retten. Oder sie lässt sich einfach
       nicht retten. Denn wir denken gern, es sei rational, für ein besseres
       Morgen die Natur zu schützen. Dabei ist es für sehr viele Menschen
       sinnvoll, erst mal für ein besseres Heute den Wald zu roden. Was kollektiv
       sinnvoll ist, muss individuell noch lange nicht klappen. Und je näher man
       sich mit Armut, Wachstum, Machtpolitik und Naturzerstörung beschäftigt,
       desto schwieriger werden die Lösungen. Das geht nicht so einfach.
       
       Und manchmal geht es einfach nicht. Manche Gegensätze lassen sich selbst
       bei bestem Willen kaum auflösen: Wer sein Geld mit Kohle verdient, will die
       Subventionen nicht an die Solarindustrie abgeben. Vielleicht ist die
       Konstante ja auch tröstend: Der Euro wackelt, Familien zerbrechen, Gott ist
       tot, aber wir ruinieren immer noch verlässlich den Planeten. Würde eine
       Überschrift wie „Konsens in Rio, Ökos und Wirtschaft begeistert“ uns nicht
       völlig überfordern? Wir brauchen unsere Déjà-vus. Denn Vorurteile
       erleichtern das Leben. Dass sie das Überleben gefährden, steht auf einem
       anderen Blatt.
       
       16 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wissenschaftsrat
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
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