# taz.de -- Grüne streiten über den Fiskalpakt: Angriff auf den Leitwolf
       
       > Der grüne Fraktionschef Trittin und der Europapolitiker Bütikofer
       > streiten sich offen über den Fiskalpakt. Das Unbehagen der Grünen könnte
       > Trittin beschädigen.
       
 (IMG) Bild: „Ich lehre kein Mathe“: Trittin und Bütikofer streiten offen über den Fiskalpakt.
       
       BERLIN taz | Wenn Jürgen Trittin sich öffentlich äußert, überlegt sich der
       ironisch-distanzierte Fraktionschef der Grünen jede Silbe genau.
       Normalerweise. Doch bei dem heiklen Thema Fiskalpakt verliert in diesen
       Tagen selbst ein Trittin die Contenance.
       
       Montagabend auf Twitter. Vor dem erstaunten Publikum entbrennt ein hitziges
       Wortgefecht zwischen zwei Spitzenpolitikern. Reinhard Bütikofer,
       Europapolitiker, Fiskalpaktkritiker und härtester parteiinterner Gegner von
       Trittins Kurs, lästert offen über dessen Ruf nach Geschlossenheit –
       angesichts des äußerst knappen Länderratsbeschlusses für ein Ja zum
       Fiskalpakt sei der nicht gerechtfertigt, argumentiert er. Nach mehrmaligem
       Hin und Her koffert Trittin zurück: „Ich lehre kein Mathe. Es geht um
       demokratische Haltung.“
       
       Nun sind sich Exparteichef Bütikofer und der neue Leitwolf Trittin seit
       Jahren in herzlicher Abneigung verbunden. Doch dies ist nicht der einzige
       Grund, warum Trittin nervös wird. Denn die Grünen-Fraktion steht keineswegs
       geschlossen hinter dem Fiskalpakt, den Trittin mit der Grünen-Spitze im
       Kanzleramt ausgehandelt hat. Zwei Abgeordnete haben schon angekündigt,
       gegen die Ratifizierung des Sparpakets zu stimmen.
       
       Sehr viel mehr Parlamentarier sind skeptisch, haben sich aber noch nicht
       entschieden – etwa der Finanzpolitiker Gerhard Schick. Die Lage in Europa
       sei so dramatisch, dass auf dem EU-Gipfel noch weitergehende Beschlüsse
       fallen könnten, sagt er. „Deshalb werde ich erst nach dem Gipfel
       entscheiden, ob ich dem Fiskalpakt zustimme.“
       
       Sollten sich mehr grüne Abweichler finden, hätte dies zwar keine realen
       Folgen. Union, FDP und SPD würden die nötige Zweidrittelmehrheit auch
       allein schaffen. Doch fest steht auch: Trittin wäre beschädigt, wenn ihm
       eine relevante Zahl der eigenen Leute die Gefolgschaft verweigern würde.
       Wie kein anderer steht er für den Kurs der Grünen. Er hat die Europa- neben
       der Finanzpolitik zu seinem Markenzeichen ausgebaut, er saß bei Merkel am
       Tisch und sagte das grüne Ja zu. Ein unbestimmtes Abstimmungsergebnis der
       Fraktion wäre da mehr als peinlich.
       
       ## „So bestellt man sich die Palastrevolution“
       
       Deshalb gibt er sich optimistisch: „Ich gehe davon aus, dass wir ein
       ziemlich geschlossenes Bild hinbekommen.“ Er verweist auf den Länderrat,
       der am Sonntag mit 40 zu 37 Stimmen beschlossen hatte, dem Fiskalpakt
       zuzustimmen. Das überraschend knappe Ergebnis dokumentierte jedoch, wie
       tief die Partei gespalten ist – viele Kreisverbände haben Beschlüsse gegen
       den Fiskalpakt gefasst.
       
       Der Grünen-Parteirat äußerte am Montag auf Basis des Ergebnisses die
       Erwartung, dass die Fraktion, die Grünen-Landesregierungen sowie die
       Europagruppe diese Haltung „geschlossen zum Ausdruck bringen“. Diese
       ungewöhnlich weitgehende Formulierung stößt vielen Grünen bitter auf.
       Schließlich sind Europapolitiker und Landesregierungen erst den eigenen
       Wählern verpflichtet, und nicht einem Gremium der Bundespartei.
       
       Trittin hatte auf diese Verpflichtung gedrängt – laut Teilnehmern
       verteidigte er die Formel im Parteirat vehement. Ebenso sagte er im
       taz-Interview vergangene Woche voraus, dass der Länderrat für den
       Fiskalpakt stimmen werde. All dies wird von den Fiskalpakt-Kritikern als
       Affront empfunden. Ein Stratege sagt: „Mit so einem Verhalten bestellt man
       sich doch die Palastrevolution frei Haus.“
       
       26 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
       
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