# taz.de -- EU-Kommission rügt Rumänien: „Vertrauen erschüttert“
       
       > Brüssel nimmt Rumänien wegen des internen politischen Machtkampfs unter
       > verschärfte Kontrolle. Ein Bericht kritisiert die Gefährdung von
       > Rechtsstaatsprinzipien.
       
 (IMG) Bild: EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will den Rumänen nicht alles durchgehen lassen.
       
       BRÜSSEL taz | Die EU nimmt Rumänien an die kurze Leine. Die Regierung in
       Bukarest soll umstrittene Not- und Eilverordnungen aufheben und sich neuen,
       schärferen Kontrollen aus Brüssel unterwerfen. Dies erklärte
       EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch in Brüssel.
       Allerdings ließ Barroso offen, ob das umstrittene Amtsenthebungsverfahren
       gegen Staatspräsident Traian Basescu weitergehen kann.
       
       Der konservative Basescu und der sozialdemokratische Regierungschef Victor
       Ponta liefern sich einen erbitterten Machtkampf. Schon in der vergangenen
       Woche hatte Barroso Ponta nach Brüssel einbestellt. Ihm wird vorgeworfen,
       Basescu mit unlauteren Methoden aus dem Amt zu drängen sowie Demokratie und
       Rechtsstaat zu gefährden. „Die Ereignisse in Rumänien haben unser Vertrauen
       erschüttert“, sagte Barroso gestern.
       
       Empört zeigte er sich vor allem über Versuche, das Verfassungsgericht
       einzuschüchtern und die Spielregeln für das geplante Referendum über die
       Amtsenthebung Basescus zu ändern. Dies hätte Rumänien „an den Rand des
       Abgrunds“ gebracht. Gleichzeitig lobte Barroso aber auch Ponta. Der Premier
       habe sich verpflichtet, alle Vorgaben aus Brüssel umzusetzen.
       
       Ähnlich widersprüchlich fällt der Fortschrittsbericht zu Rumänien aus, den
       die EU-Kommission gestern vorlegte. Einerseits wirft die Brüsseler Behörde
       der Regierung in Bukarest „systematische“ Verletzungen von
       Rechtsstaatsprinzipien vor. Andererseits schreckt sie vor eigentlich
       fälligen Sanktionen, wie sie gegen Ungarn verhängt wurden, zurück. Ponta
       soll nun ein 11-Punkte-Programm abarbeiten. Die Umsetzung wird am
       Jahresende nochmals überprüft.
       
       Der Bericht und die Auflagen seien einstimmig beschlossen worden, sagte
       Barroso. Offenbar gab es in der 27-köpfigen EU-Kommission aber doch
       Meinungsverschiedenheiten, denn die Kommissionssitzung dauerte länger als
       geplant. Streit gab es vor allem darüber, wie ernst man Pontas Ankündigung
       nehmen könne, die EU-Auflagen würden unverzüglich umgesetzt.
       
       Rumänien steht genau wie Bulgarien seit dem EU-Beitritt 2007 unter
       besonderer Beobachtung der Kommission. Barroso hat dafür eine eigene
       Arbeitsgruppe eingerichtet, die einmal im Jahr über Fortschritte bei der
       Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität berichtet. Dass es
       auch Demokratieprobleme geben könnte, hat man in Brüssel allerdings erst
       vor Kurzem erkannt.
       
       18 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Machtkampf in Rumänien: Verfassungsrichter eingeschüchtert
       
       In Rumänien hat der sozialistische Regierungschef Ponta den Druck auf die
       Verfassungsrichter offensichtlich drastisch verschärft. Die fühlen sich
       bedroht und rufen nun die EU um Hilfe.
       
 (DIR) Rumänischer Präsident bleibt: Referendum gescheitert
       
       Der Machtkampf in Rumänien kann weitergehen: Nach Hochrechnungen hat der
       bürgerliche Präsident Basescu das Referendum zur Amtsenthebung überstanden.
       
 (DIR) Studium trotz schwacher Abi-Note: Bildungsasyl an den Karpaten
       
       Abiturienten, die in Deutschland keinen Studienplatz finden, werden in
       Rumänien umworben: Die Unis bieten Programme auf Deutsch – von Medizin bis
       BWL.
       
 (DIR) Referendum in Rumänien: Basescus Zuversicht schwindet
       
       Am Sonntag sollen die Rumänen darüber abstimmen, ob Präsident Traian
       Basescu im Amt bleibt oder nicht. Dessen Partei ruft zum Boykott der
       Abstimmung auf.
       
 (DIR) Kuratorin über Politik und Kunst in Rumänien: „Dieser Krieg muss enden“
       
       Die Kunstkritikerin und Kuratorin Raluca Voinea will sich nicht mehr für
       das geringere Übel entscheiden müssen. Ein Gespräch über Politik,
       Zivilgesellschaft und Korruption in Rumänien.
       
 (DIR) Debatte Rumänien und die EU: Schlagen und vertragen
       
       Auf das politische Schmierentheater in Bukarest reagiert die EU mit
       parteipolitisch motivierten Solidaritätsgesten. Dabei geht es um
       Grundwerte.
       
 (DIR) Europa und die Demokratie: „Eine Frage der Glaubwürdigkeit“
       
       Der Fall Rumänien zeigt, dass Europa neue Regeln braucht, sagt EU-Expertin
       Corina Stratulat. Alle EU-Mitglieder sollten kontinuierlich überprüft
       werden – nicht nur die Beitrittskandidaten.
       
 (DIR) Rumänien und die Demokratie: Brüssel schimpft
       
       Rumäniens Premier Victor Ponta kommt nach Brüssel und muss seinen Umgang
       mit dem Präsidenten und dem Verfassungsgericht erklären. Sanft waren die
       EU-Politker nicht.
       
 (DIR) Restauration in Rumänien: Anklage vor dem Spiegel
       
       Die korrupte politische Klasse Rumäniens wehrt sich mit Macht und
       primitiven Methoden gegen Reformen. Anmerkungen zu einer Restauration im
       Eilverfahren.
       
 (DIR) Kommentar Rumäniens Präsident: Europas einäugige Reaktionen
       
       Die Sozialdemokraten in Europa unterstüzen Rumäniens Ministerpräsidenten,
       die Konservativen den Präsidenten. Und beide Seiten schätzen die Lage
       falsch ein.